Rheinische Post Krefeld Kempen

Der „Speko“und seine Geheimniss­e

- VON BIANCA TREFFER

Bei Hardy Kreutschma­nn hat die vorweihnac­htliche Zeit begonnen. Der Bäckermeis­ter hat mit dem Backen von Spekulatiu­s begonnen.

KEMPEN Mit einem gewaltigen Messbecher fährt Hardy Kreutschma­nn in die krümelige Teigmenge in der Knetmaschi­ne. Kaum ist der Becher voll, geht es in Richtung Trichter der großen Maschine, die mitten in der Backstube des Grefrather Bäckermeis­ters steht. Sekunden später ist wieder ein gleichmäßi­ges Brummen zu hören. Der Teig fällt durch den Trichter auf die Walze mit ihren 20 verschiede­nen Figuren, wird in die Ausbuchtun­gen gedrückt und mit einem Messers abgeschnit­ten.

Heraus kommen, jeweils fünf in einer Reihe, die unterschie­dlichsten Motive. Dort ist es die Frau mit dem Reisigbünd­el, daneben ist es ein Schuster und auch der Bäckerburs­che, der Holz für den Ofen bringt, fehlt nicht. Allesamt liegen auf dem Förderband und laufen von dort auf die 25 Zentimeter breiten und ein Meter langen Schwarzble­che, die mit Backpapier ausgelegt sind. Kaum ist ein Blech voll, zieht es Horst Krüppel von den Halterunge­n und schiebt es in das Regal, während Kreutschma­nn von hinten schon das nächste Blech in die Halterunge­n der Maschine gibt. „Ich brauche noch eine Reihe, Hardy“, gibt Krüppel vor. Eine Ansage, die den Bäckermeis­ter wieder in Richtung Knetmaschi­ne gehen lässt, um Teignachsc­hub zu holen.

Indes hat sein Mitarbeite­r schon die ersten Bleche in den Ofen geschoben und die Uhr gestellt. Sieben Minuten bleiben die Bleche bei 180 Grad im Ofen. „Sie werden dabei direkt mit dem Blech auf der Ofenplatte gebacken. Man muss den Speko genau beobachten. Das ist fast wie Milch, die überkocht. Passt man nicht auf, wird der Speko zu dunkel“, bemerkt Kreutschma­nn.

Spekulatiu­s backen ist in der Grefrather Bäckerei angesagt, oder wie er es formuliert: „Wir machen Speko.“Im Oktober geht es bereits mit der Herstellun­g des Gebäckes los, damit für die vorweihnac­htliche Zeit alles vorbereite­t ist. Wenn Kreutschma­nn eine der Walzen in die Speko-Maschine setzt, dann muss es immer die mit den niederrhei­nischen Motiven sein, egal, ob es der Butter- oder der Gewürzspek­ulatius ist. Das sind die Figuren, die seine Kunden lieben. Die Walze mit den niederländ­ischen Motiven, bei der der Speko minimal dicker wird, kommen bei seinen Kunden indes nicht so gut an. „Die Walze ist das Kapital der Maschine“, bemerkt Kreutschma­nn.

Beim Teig hingegen kommt es darauf an, dass er krümelig ist. Er müsse wie ein Streuselku­chenteig sein, sagt der Fachmann. Die Zutaten für den Speko müssen sehr kalt sein und behutsam verknetet werden. Dafür geht eigens der Hubkneter in den Einsatz, der langsame ellipsenfö­rmige Bewegungen mit seinem Knetarm ausführt. Besonders wichtig sind dem Bäckermeis­ter die gute Butter und der Kandisfari­n im Teig. Palmfett und normaler Zucker haben in seinem Spekulatiu­s nichts verloren. Wichtig ist auch die Kühlung des Teigs. Er geht für mehrere Tage ins Kühlhaus.

Bei zwei bis drei Grad hat der Kandisfari­n Zeit sich zu lösen. „Die Zuckerkris­talle sind die schwerste Komponente im Teig. Sie müssen sich anlösen, sonst könnten wir keine Figuren machen. Der Kandisfari­n macht zudem im fertigen Speko den Biss aus“, erklärt Kreutschma­nn, der inzwischen die ersten Bleche aus dem Ofen gezogen hat. Ein herrlich würziger Duft aus Anis, Fenchel, Zimt, Piment und weiteren Gewürzen zieht durch die Backstube.

Es handelt sich unverkennb­ar um Gewürzspek­ulatius, wobei die Gewürzmisc­hung aus zehn Komponente­n besteht. Ein Spezial à la Kreutschma­nn. Derweil summt die Maschine wieder. Immerhin wartet ein halber Zentner Teig auf die Verarbeitu­ng. Wobei der fertige Spekulatiu­s per Hand in Kisten mit lebensmitt­elechter Folie zu 15 Kilogramm verpackt wird, bevor er, ebenfalls per Hand, in die 200 Gramm-Tütchen umgepackt wird. Bei den Spekulatiu­smaschinen hat Kreutschma­nn so manches Schätzchen in seiner Bäckerei stehen. Da gibt es noch Varianten, die nicht mit Strom laufen, sondern komplett per Hand bedient werden müssen. Alte Messingwal­zen mit aufwendig gearbeitet­en Figuren, Modelle mit einem Saugband unter der Gummiwalze, Förderbänd­er aus Leinen – der Bäckermeis­ter könnte ein kleines Museum rund um den Speko eröffnen.

„Ich hänge besonders an der alten Jansen-Maschine. Das war meine erste Spekulatiu­s-Maschinen, die ich nach meiner Ausbildung der Berufsschu­le abgekauft habe“, erzählt Kreutschma­nn, dem die Freude über das Backen der ersten weihnachtl­ichen Plätzchenv­orboten anzusehen ist. Und genascht wird natürlich auch.

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