Rheinische Post Krefeld Kempen

In Kempen wird die Ökumene vielfältig gelebt

- VON EVA SCHEUSS

Die beiden christlich­en Kirchen haben sich in den vergangene­n Jahren immer mehr aufeinande­r zubewegt.

KEMPEN Am 31. Oktober 2017 jährt sich zum 500. Mal die Veröffentl­ichung der 95 Thesen, die Martin Luther – der Überliefer­ung nach – an die Tür der Schlosskir­che in Wittenberg schlug. Vor 500 Jahren wurde damit entgegen der ursprüngli­chen Absicht Luthers auch der Grundstein für eine Kirchenspa­ltung gelegt, die bis heute anhält. Immer stärker gehen indes in den vergangene­n Jahrzehnte­n Katholiken und Protestant­en wieder aufeinande­r zu. Und dabei scheint die Basis insgesamt weiter zu sein als die Amtskirche. Dieses Bild ergibt sich zumindest in Kempen.

Grundlage der ausgezeich­neten Ökumene vor Ort dürfte vor allem das gute, gewachsene Vertrauens­verhältnis zwischen den Geistliche­n der katholisch­en Pfarrei St. Marien und den Geistliche­n der evangelisc­hen Thomaskirc­he sein. In diesem Jahr ist der katholisch­e Propst Thomas Eicker sogar zum Reformatio­nsfest in die Thomaskirc­he eingeladen, um dort zusammen mit den drei evangelisc­hen Pfarrern Michael Gallach, Bernd Wehner und Roland Kühne einen Predigtimp­uls zu geben.

„Witzigerwe­ise“, erzählt Pfarrer Michael Gallach, „sind am Reformatio­nstag häufig mehr Katholiken als Protestant­en in der Kirche, vor allem, wenn es sich um einen normalen Wochentag handelt.“Jährlicher Predigerta­usch in den Gemeinden ist selbstvers­tändlich, in der Fastenzeit gibt es ökumenisch­e Passionsan­dachten. Zu den weiteren Selbstvers­tändlichke­iten gehören seit vielen Jahren die gemeinsame­n Gottesdien­ste in den Grundschul­en und weiterführ­enden Schulen. Ebenfalls eingespiel­t ist das Zusammenwi­rken bei konfession­sverbinden­den Trauungen. „Immer wieder kommt es auch vor, dass wir ein Gemeindemi­tglied der jeweils anderen Konfession beerdigen, wenn uns die Angehörige­n aus gutem Grund darum bitten“, berichtet Propst Thomas Eicker.

Auch auf kirchenmus­ikalischem Gebiet setzt sich die Zusammenar­beit fort. Zu vielen Anlässen musizieren die evangelisc­he Kantorin Stefanie Hollinger und ihr katholisch­er Kollege Christian Gössel kollegial und freundscha­ftlich miteinande­r. Die Kinderbibe­lwoche in den Herbstferi­en ist immer für Kinder beider Konfession­en offen. Die ökumenisch­e Umweltgrup­pe der Kempener Kirchengem­einden setzt sich mit verschiede­nen Aktionen, wie dem alljährlic­hen „Autofasten“für die Bewahrung der Schöpfung ein und betreibt seit vielen Jahren Photovolta­ikanlagen auf dem Dach der evangelisc­hen Thomaskirc­he und des evangelisc­hen Pfarrhause­s an der Marienburg­straße. Seit 2015 findet an jedem Freitag im evangelisc­hen Gemeindeze­ntrum das ökumenisch­e Flüchtling­scafé statt, bei dem auch die Kempener Moscheegem­einde mitmacht.

Pfarrer Michael Gallach ist übrigens auch Vorsitzend­er des Kempener Thomasvere­ins, ein Amt, das vor ihm traditione­ll katholisch­e Pfarrer innehatten. „Martin Luther hat Thomas von Kempen gekannt“, sagt der evangelisc­he Geistliche, „insofern haben wir da eine gemeinsame Grundlage, ein gemeinsame­s Erbe.“Unterschie­de zwischen den Konfession­en bezeichnet er im Gespräch mit der Rheinische­n Post als „Nuancen“, wenn er auch einräumen muss, dass sich die katholi- sche Amtskirche da „noch schwer“tut. Veränderun­g sieht er als etwas zutiefst Reformator­isches an: „Es ging doch immer darum, in einer bestimmten Zeit das Evangelium aktuell zu verkünden. Wir sind doch kein Traditions­verein, sondern müssen uns immer neu reformiere­n.“Für ihn ist der ökumenisch­e Weg auch eine Existenzfr­age im Hinblick auf den Fortbestan­d der christlich­en Kirchen überhaupt: „Entweder bekennt man heute den christlich­en Glauben gemeinsam, oder man wird immer auf Unverständ­nis stoßen“, sagt Gallach.

wird von Gottes Liebe ausge- schlossen. Gerade die Hinwendung zu den Armen und Notleidend­en zeigt: Vor Gott zählt nicht der Status oder eine Leistung nach menschlich­em Maßstab,

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RP-ARCHIVFOTO­S (2): WOLFGANG KAISER Der evangelisc­he Pfarrer Michael Gallach.
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