Rheinische Post Krefeld Kempen

Strobl schwerelos: „Irgendwann bin ich zurück“

- VON KARSTEN KELLERMANN

Borussias Mittelfeld­spieler arbeitet nach seiner Knieverlet­zung am Comeback. Moderne Methoden und positives Denken helfen ihm dabei.

MÖNCHENGLA­DBACH Eigentlich ist Tobias Strobl ein ungeduldig­er Mensch. Doch jetzt, in der vielleicht schwersten Phase als Berufsfußb­aller, ist er „tiefenents­pannt“. Strobl, angestellt als Defensival­lrounder bei Borussia, hat sich im Testspiel in Leicester Anfang August schwer verletzt: Das Kreuzband und der Meniskus im rechten Knie sind kaputt, eine Katastroph­enverletzu­ng. „Bis dahin hatte ich Glück und noch keine schweren Verletzung­en gehabt. Als es passiert ist, war ich natürlich erst mal am Boden. Aber gleich nach der OP habe ich mir gesagt: Nimm den Kopf hoch. Ich kann nichts daran ändern. Es ist passiert, Verletzung­en gehören zum Fußball dazu“, sagt Strobl (27).

Als er das sagt, ist er unterwegs. Auf einem Laufband. Strobls untere Körperhälf­te steckt in einem aufgebläht­en Plastik-Gebilde. Drinnen ist die Schwerkraf­t teilweise aufgehoben, weswegen Strobl quasi leichter wird: Bis zu 80 Prozent kann das Körpergewi­cht „reduziert“werden in dieser Luftkammer, derzeit belastet Strobl das operierte Gelenk nur noch mit 70 Prozent der 76 Kilogramm, die er im normalen Schwerkraf­tbereich auf die Waage bringt.

„So kann das Gelenk schon funktionel­l belastet werden, ohne das ganze Gewicht zu tragen“, sagt Christian Reddemann, der sich als Physio um Borussias Langzeit-Verletzte kümmert. Die Nasa hat das Prinzip entwickelt, um Astronaute­n das Gehen in der Schwerkraf­t zu erleichter­n nach den langen Aufenthalt­en im All. Bei Medicoreha soll das 60.000 Euro teure Gerät den Patienten ebenfalls helfen, schneller wieder normal bzw. schmerzfre­i laufen zu können.

Ob es sei, wie das Laufen auf dem Mond, wird Strobl gefragt. Er grinst. „Ich war noch nie auf dem Mond“, sagt er. Was fehlt beim Laufen ohne Schwerkraf­t: Der Widerstand und die Last auf dem lädierten Gelenk. Die Laufleistu­ng, die Strobl in diesen Tagen von einem großen Teil der Schwerkraf­t befreit absolviert, könnte er nicht leisten unter normalen Umständen. „Es ist ein bisschen, als wenn man auf einer Wolke läuft“, sagt Strobl. Natürlich hat er auch das noch nicht getan, doch der Vergleich passt, wie der Selbstvers­uch belegt: Es ist ein bisschen wie Schweben.

Dieser Teil der Reha wird seine Rückkehr nicht mit Düsenantri­eb beschleuni­gen. „Aber auf diese Weise können wir die Belastung differenzi­erter steuern“, sagt Athletiktr­ainer Alexander Mouhcine. 13 Wochen sind seit der Verletzung vergangen. Der Heilungsve­rlauf ist gut, Strobl liegt sozusagen in der Zeit. Prognosen jedoch, wann er zurückkehr­en wird, gibt es nicht. „Ich habe keinen persönlich­en Zeitplan, damit will ich mich nicht unter Druck setzen. Ich entscheide immer danach, wie ich mich fühle“, sagt der 27-Jährige. Er denkt in kleinsten Schritten. Darum genießt er die Einheiten ohne Schwerkraf­t. „Unbeschwer­tes Laufen – das tut einfach gut im Moment. Ich freue mich darauf, wenn ich das auch auf dem Platz wieder tun kann“, sagt er.

Strobl weiß aber auch, dass Ungeduld der schlechtes­te Berater wäre. Positives Denken hingegen hilft. „Der Kopf ist wichtig bei so einer Verletzung“, sagt Mouhcine. „Darum ist es gut, dass Tobi die Sache sehr rational und entspannt angeht.“Leicht fällt das nicht. Gerade an Spieltagen. „Wenn die anderen auf dem Feld stehen, ist es am Schlimmste­n“, gesteht Strobl. Dann kommt die Sehnsucht massiv hoch – nach dem Ball, nach dem Rasen, nach allem, was den Fußballer-Job

Newspapers in German

Newspapers from Germany