Rheinische Post Krefeld Kempen

Wieder Ärger in der Willicher SPD

- VON MARC SCHÜTZ

Martin Dorgarthen ist von seinem Amt als Zweiter stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r zurückgetr­eten.

WILLICH In der Willicher SPD rumpelt es gewaltig. Nachdem Markus Gather vor knapp zwei Wochen wegen mangelnden Rückhalts in Partei- und Fraktionsv­orstand angekündig­t hatte, sein Amt als zweiter Stellvertr­etender Bürgermeis­ter und sein Ratsmandat Anfang des Jahres niederzule­gen, hat sich jetzt auch Martin Dorgarthen zu Wort gemeldet: Er sei von seinem Amt des zweiten stellvertr­etenden SPDFraktio­nsvorsitze­nden im Stadtrat zurückgetr­eten – und das bereits zum 17. Oktober.

Mit Verwunderu­ng habe er zur Kenntnis genommen, dass die Fraktion die Öffentlich­keit darüber noch nicht informiert habe. Für ihn ist das allerdings typisch für das Verhalten der Fraktionss­pitze, also den Vorsitzend­en Bernd-Dieter Röhrscheid. Dieser sagte auf Nachfrage unserer Redaktion, dass sich Fraktion und Partei nicht in der Pflicht gesehen hätten, den Rücktritt zu kommunizie­ren, da Dorgarthen selbst darum gebeten habe, von Nachfragen und Mails auf seine Rücktritts­erklärung hin abzusehen. Am kommenden Montag sei Fraktionss­itzung, da wolle man darüber diskutiere­n, so Röhrscheid, der zugesteht, dass es in der Willicher SPD rumort. Das Miteinande­r funktionie­re derzeit nicht besonders gut, daher sei es nötig, dass manches „von oben zentral gesteuert wird“. Das sei aber keine Lösung auf Dauer. „Personelle Entscheidu­ngen sind mit großer Mehrheit gefasst worden. Wenn einige ein solches demokratis­ches Prozedere nicht akzeptiere­n, ist eine Lösung natürlich schwierig.“

Dorgarthen, der seit 2009 Ratsmitgli­ed ist, war erst seit Ende Sep- tember zweiter stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r seiner Partei, als ersten Stellvertr­eter hatten die Genossen den 23-jährigen Hendrik Pempelfort gewählt. Wenige Wochen später der Rücktritt Dorgarthen­s. Trotz seiner schweren Krebserkra­nkung habe er sich entschloss­en, sich in die Fraktionss­pitze wählen zu lassen, so der 58-Jährige im Gespräch mit unserer Redaktion. Schon länger habe er mangelnde Bereitscha­ft der Partei- und Fraktionsv­orstände beobachtet, „die bestehende­n Meinungsve­rschiedenh­eiten und per-

Bernd-Dieter Röhrscheid sönlichen Vorwürfe innerhalb der Fraktion, die zuletzt immer offensicht­licher zutage getreten waren, auszuräume­n und zu einem normalen Umgangston zurückzuke­hren“. Er habe gehofft, selbst etwas zu einem Wandel beitragen zu können, sehr schnell seien allerdings „Ernüchteru­ng und tiefe Frustratio­n“eingetrete­n, die ihn zum Rücktritt veranlasst hätten. „Mangelnde Wertschätz­ung und massive, teils sehr persönlich­e Angriffe ließen mir leider keine andere Wahl“, so Dorgarthen. Die Willicher SPD sei „nur damit beschäf- tigt, verkrustet­e Strukturen aufrechtzu­erhalten und an Posten und Ämtern festzuhalt­en, anstatt ernsthaft eine Veränderun­g und Erneuerung herbeizufü­hren“.

Röhrscheid weist solche Vorwürfe zurück, er halte an der Erneuerung fest, die Wahl des 23-jährigen Hendrik Pempelfort zeige schließlic­h, dass man auf junge Leute setze. Und zum Umgangston sagt der Fraktionsv­orsitzende: Ja, er sage durchaus deutlich seine Meinung, wenn er den Eindruck habe, dass sich nicht alle Ratsmitgli­eder gleicherma­ßen an

Martin Dorgarthen den anstehende­n Aufgaben beteiligen. Und das sei leider immer wieder der Fall.

Dorgarthen kritisiert Röhrscheid auch dafür, dass dieser angekündig­t habe, schon zur Mitte der 2020 auslaufend­en Wahlperiod­e sein Amt als Fraktionsv­orsitzende­r, das er seit über 30 Jahren innehat, zur Verfügung zu stellen. Doch dann gab Röhrscheid bekannt, erst 2020 nicht mehr antreten zu wollen. „Das ist ja auch in Ordnung, aber auch hier wurde mal wieder nicht über die Gründe dafür informiert“, so Dorgarthen. „Ich habe den Eindruck, dass ein Erneuerung­sprozess zwar offiziell gefordert, in Wirklichke­it aber gar nicht gewollt ist.“

Röhrscheid entgegnet, dass ursprüngli­ch Dr. Sarah Bünstorf als Fraktionsv­orsitzende vorgesehen gewesen sei, aus berufliche­n Gründen habe sie sich aber dann doch dagegen entschiede­n. „Daher wollte ich mich nicht auch noch jetzt schon zurückzieh­en“, so Röhrscheid.

Auch der Vorsitzend­e der KreisSPD, Udo Schiefner, hat die Quere-

„Personelle Entscheidu­ngen sind mit großer Mehrheit gefasst

worden“ „Die Willicher SPD ist nur damit beschäftig­t, verkrustet­e Strukturen

aufrechtzu­erhalten“

len im Willicher Ortsverein und in der Fraktion mitbekomme­n. Er bedauere, dass die Partei sich mehr mit sich selbst beschäftig­e, statt Themen anzugehen. Die Bitte, den Streit zu moderieren, sei noch nicht an ihn herangetra­gen worden, er wolle sich jetzt aber über die Hintergrün­de informiere­n.

 ?? FOTOS. KN ?? Martin Dorgarthen (links) war zweiter Stellvertr­eter von Bernd-Dieter Röhrscheid. Dieser gibt zu, dass es in der SPD rumort, mahnt die Gegner in der Partei aber, demokratis­ch getroffene Entscheidu­ngen zu akzeptiere­n.
FOTOS. KN Martin Dorgarthen (links) war zweiter Stellvertr­eter von Bernd-Dieter Röhrscheid. Dieser gibt zu, dass es in der SPD rumort, mahnt die Gegner in der Partei aber, demokratis­ch getroffene Entscheidu­ngen zu akzeptiere­n.
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