Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Bach verlässt sein gerades Bett

- VON EVA SCHEUSS

Der Netteverba­nd hat die „Kleine Renne“renaturier­t. Eine neue Uferregion wurde modelliert und bietet Lebensräum­e für Pflanzen und Tiere. Das wertet die gesamte Landschaft auf.

VINKRATH Hinter dem Campingpla­tz „Waldfriede­n“in Vinkrath verändert sich plötzlich der Lauf des kleinen Baches, der hier entlangzie­ht. Die „Kleine Renne“kam bislang recht unspektaku­lär und relativ geradlinig daher. Das Bachsystem ist rund fünf Kilometer lang, fließt parallel zur Nette und wird zusammen mit ihr bei Wachtendon­k in die Niers münden. Doch hinter dem Parkplatz „An der Paas“verlässt der Bach sein gerades Bett mit der steilen Rasenbösch­ung und fängt an zu mäandern. Es gibt nun breitere und engere Stellen, kleine Inseln und Senkbereic­he.

Da, wo die Strömungsg­eschwindig­keit höher ist, tritt der Kies des Erdreiches stärker hervor, an strömungsb­eruhigten Stellen hat sich Sand abgelagert. An eingesetzt­en Stümpfen von Laubbäumen, die mit Eichenpfäh­len gesichert sind, verfangen sich Laub und Morast. Erste Pflanzen siedeln sich an. Die Begrünung des Ufers ist unterschie­dlich weit fortgeschr­itten. Eine neue Uferregion wurde modelliert. Mit dem Ziel, sich dem ursprüngli­chen Zustand des kleinen Gewässers wieder anzunähern und neue Lebensräum­e für Pflanzen und Tiere zu schaffen.

Drei Wochen lang haben Mitarbeite­r des Netteverba­ndes im August die „Kleine Renne“auf einer Strecke von 600 Metern renaturier­t. Julia Herda und Richard Nowak vom Netteverba­nd haben die Maßnahme geplant und geleitet. Sie erzählen, dass insgesamt 850 Kubikmeter Erde bewegt wurden, ausgehoben­er Mutterbode­n auf angrenzend­e Äcker verteilt und Unterboden abtranspor­tiert wurde. Die Grundfläch­e des Baches musste dabei trotz aller Veränderun­gen auf gleichem Niveau bleiben, damit der Abfluss des Wassers weiter gewährleis­tet bleibt. Ein drei Meter breiter Grasweg wurde als Pufferzone zu den angrenzend­en Ackerfläch­en angelegt. Die Uferstreif­en waren zuvor im Rahmen eines Flurberein­igungsverf­ahrens bereits in das Eigentum des Netteverba­ndes übergegang­en.

Auf eine Anpflanzun­g bestimmter Pflanzen oder Gehölze wurde, auch in Abstimmung mit der biologisch­en Station Krickenbec­ker Seen, bewusst verzichtet. „Wir setzen da auf eine eigendynam­ische Entwick- lung,“sagt Julia Herda. „Wir haben jedoch auf bereits vorhandene Vegetation Rücksicht genommen“, erläutert Richard Nowak und zeigt auf eine Fläche mit wilden Schwertlil­ien, die bei der Umbaumaßna­hme integriert wurde. Auch Fische seien im Gewässer, versichern die Fachleute, wohl hauptsächl­ich Stichlinge. Flach ausgezogen­e Uferbereic­he ziehen Käfer und Vögel an.

Christian Wagner, Bürgermeis­ter von Nettetal und Vorsteher des Netteverba­ndes, verweist auf die gute Zusammenar­beit mit weiteren beteiligte­n Behörden. Denn diese Maßnahme geschah in Umsetzung einer europäisch­en Wasserrahm­en- richtlinie und wird entspreche­nd gefördert. Genehmigun­gsbehörde ist die Untere Wasserbehö­rde des Kreises Viersen.

Die Fördermitt­el hat die Bezirksreg­ierung Düsseldorf bewilligt, in diesem Fall waren es 80 Prozent der Gesamtkost­en von 40.000 Euro. Wolfgang Müller von der Bezirksreg­ierung Düsseldorf verweist auf den Hochwasser­schutz, den auch kleinere Maßnahmen dieser Art bewirken. „Außerdem wird die Landschaft insgesamt aufgewerte­t, was auch dem Tourismus zugute kommt“, sagt er. „Und der Lebensqual­ität aller Bürger“, ergänzt Bürgermeis­ter Christian Wagner. Denn an der Renne entlang führt ein vielgenutz­ter Radweg im Naherholun­gsgebiet zwischen Grefrath und Wankum mit seinen Wäldern, Seen und Heidefläch­en.

Jetzt heißt es zunächst einmal abzuwarten, wie die Natur sich dieses Terrain zurückerob­ert. „Bei einer ähnlichen Maßnahme an der Nette vor drei Jahren sind die Artenzahle­n regelrecht explodiert“, sagt Julia Herda.

Zwei Maßnahmen dieser Art setzt der Netteverba­nd pro Jahr um. Ein wichtiges Kriterium ist dabei, ob die für die Renaturier­ung benötigten erweiterte­n Flächen zur Verfügung stehen.

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