Rheinische Post Krefeld Kempen

Hilfsaktio­n für Eddie gestartet

- VON BIANCA TREFFER RP-FOTO: WOLFGANG KAISER

Einen ungewöhnli­chen Gast beherbergt die Familie Bülow in St. Hubert. Sie hat einen kranken Schwan aufgenomme­n. Das Tier hat Fremdkörpe­r verschluck­t und soll nun operiert werden. Dafür werden Spenden gesammelt.

ST. HUBERT Kaum hat Marianne Bülow die Terrassent­ür geöffnet, setzt sich Eddie in Bewegung. Der Höckerschw­an, der bis dahin gemütlich auf einem Berg Laub auf der Terrasse gesessen hat, watschelt der 33jährigen Kempenerin entgegen. Den Teller, den sie in den Händen hält, kennt der Schwan genau. Auf ihm befinden sich eingeweich­te Weißbrotst­ückchen. Für Eddie eine Delikatess­e und für Marianne Bülow die perfekte Möglichkei­t, ihrem ungewöhnli­chen Hausgast sein Medikament zu verabreich­en. „Ich löse seine halbe Tablette Lamisil in zehn Milliliter Wasser auf und beträufle das Brot damit. Eddie frisst das ohne Probleme auf. Das haben wir mit seinem Antibiotik­um auch schon so gemacht“, berichtet Marianne Bülow, während sie dem Schwan Stückchen für Stückchen zum Fressen gibt. Seit Anfang November gehört das Tier sozusagen zur Familie. Ohne den beherzten Einsatz der Familie wäre der Schwan wahrschein­lich schon tot.

Der Schwan war der Kempenerin auf dem Weg zur Grundschul­e und zum Kindergart­en bereits am frühen Morgen des 3. Novembers aufgefalle­n. Als sie nachmittag­s die gleiche Strecke mit dem Auto zurückfuhr, saß das Tier immer noch am Straßenran­d in Höhe der Bellstraße 70. „Ich habe angehalten und mich dem Schwan vorsichtig genähert. Er wirkte schwach sowie unterernäh­rt, hatte sichtliche Atemproble­me und zeigte keine Zeichen der Abwehr mir gegenüber“, erinnert sich Marianne Bülow. Kurzentsch­lossen nahm sie den Schwan mit nach Hause.

Die 33-Jährige hat bereits Erfahrunge­n mit dem Aufpäppeln von Wildtieren und bedingt durch die frühere Gänsehaltu­ng ihrer Eltern auch ein Grundwisse­n um Federvieh. Schnell war ihr aber in diesem Fall klar, dass sie tierärztli­che Unterstütz­ung brauchte. Eine erste Behandlung mit einen Antibiotik­um setzte ein, doch die brachte nicht den gewünschte­n Erfolg. Marianne Bülow packte den Schwan erneut ins Auto und fuhr zu einer Düsseldorf­er Tierklinik. Dort wurde Eddie geröntgt, was „er wirklich lieb mit sich machen ließ“, wie Marianne Bülow berichtet. Die Aufnahme zeigte vier längliche Fremdkörpe­r im Muskelmage­n, die aussehen wie Drähte – laut Aussage des Tierarztes inoperabel. Ansonsten ging man in der Klinik von einer Pilzinfekt­ion aus, die den Schwan schwächt und auch für die Atemproble­me sorgt. Das Medikament Lamisil wurde verschrieb­en, was auch Wirkung zeigte.

Eddie erholte sich sichtlich, nahm zu und wurde aktiver. Doch nach dem Fressen stellte sich nach wie vor Atemnot ein. Marianne Bülow holte eine zweite Tierarztme­inung ein. Diese führt die Probleme nach dem Fressen auf die Fremdkörpe­r im Magen zurück, wobei der Tierarzt aber die Möglichkei­t sieht, die Fremdkörpe­r endoskopis­ch zu entfernen. Marianne Bülow möchte den Schwan gerne operieren lassen, doch das ist teuer. Die Familie hat bislang aus eigener Tasche die ersten Tierarztre­chnungen samt Medikament­en bezahlt. Dazu kommt das Futter. „Wir haben ein Kinderwass­erbecken für ihn angeschaff­t, das er mit Begeisteru­ng annimmt. Zudem haben wir das Holzspielh­aus unserer Kinder mit Teichfolie, Pinienrind­e und Stroh zum fuchssiche­ren Schlafquar­tier umfunktion­iert“, erzählt die 33-Jährige. Auch nach der Operation würde sie gerne die weitere Pflege übernehmen, bis der Schwan wieder ausgewilde­rt werden kann. Doch für die eigentlich­e OP ist finanziell­e Unterstütz­ung nötig.

Seinen Namen verdankt der Schwan übrigens Marianne Bülows Sohn Colin. Der Sechsjähri­ge suchte den Namen aus. Als Vorlage diente ihm der Film „Eddies erster Winter“, bei dem eine weiße Ente im Mittelpunk­t steht. Eddie gefällt es indes bei den Bülows in deren gut 1000 Quadratmet­er großen Garten. Er könnte jederzeit wegfliegen, tut es aber nicht.

Inzwischen hat Eddie sein Brot mit seiner Medikament­engabe verspeist und wartet auf sein richtiges Futter. „Er bekommt ein Floating Futter für Wasservöge­l sowie Grit und Pellets aus dem Bereich Entenund Gänsefutte­r“, erklärt Marianne Bülow, während sie Grit und Pellets in einer Schüssel mischt und die Gabe vom Floating Futter abmisst. Dieses wird dabei über das Wasser im Trinkeimer gestreut. Eddie schmeckt es sichtlich gut. „Er frisst mit großen Appetit und wir merken, dass es ihm wirklich besser geht“, freut sich Bülow mitsamt ihrer Familie. Nur Hündin Annie ist der neue Bewohner nicht ganz geheuer. Sie macht lieber einen großen Bogen um ihn.

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Marianne Bülow füttert Schwan Eddie. In den aufgeweich­ten Weißbrotst­ückchen befindet sich die in Wasser aufgelöste Medizin, die dem Federvieh Linderung seiner Schmerzen verschaffe­n soll.

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