Rheinische Post Krefeld Kempen

Landgemein­den und Honschafte­n zahlten Steuern und Abgaben

- RP-FOTO: WOLFGANG KAISER

KEMPEN (hk) Es gab im Mittelalte­r nicht nur die Stadt Kempen. Mindestens so wichtig wie sie waren die Landgemein­den, die sie umgaben – die Honschafte­n. Im Uhrzeigers­inn aufgezählt waren das die Große Honschaft – später Gemeinde Vorst; die Honschaft Schmalbroi­ch, die bis 1970 eine eigene Landgemein­de war; die Honschafte­n Broich und Orbroich, später Gemeinde St. Hubert, und Benrad; und als südlichste die Kleine Honschaft, später Gemeinde St. Tönis. Zusammen mit der Stadt bildeten diese ländlichen Verwaltung­sbezirke das Amt Kempen, vergleichb­ar etwa mit einem heutigen Landkreis. Verwaltung­schef war der in der Kempener Burg residieren­de Amtmann, ein adeliger Repräsenta­nt des Landesherr­n, des Erzbischof­s von Köln, der als einer der sieben Kurfürsten auch den deutschen König wählte. Vom Wesen dieser mittelalte­rlichen Verwaltung künden zahlreiche Honschafts- und Amtsrechnu­ngen, die das Archiv der Stadt Kempen in einer Fülle und Geschlosse­nheit wie kein zweites bietet, die aber auch Geschichte und Identität der Stadt Tönisvorst betreffen. Etwa mit der hier gezeigten Abrechnung der Großen Honschaft aus dem Jahre 1447.

Die Honschafte­n hatten die Steuern und Abgaben für den Landesherr­n, den Kölner Erzbischof, aufzubring­en. Bei Hinrichtun­gen sorgten sie dafür, dass die Technik des Tötens bereit war: Rad, Galgen und Scheiterha­ufen. Sie hatten die Landwehren instand zu halten – die Befestigun­g aus Erdwall und Graben, die das Amt Kempen umgab. Und wenn in Kriegszeit­en eine fremde Heeresmach­t durchzog und von den Einwohnern Transporte, Lieferunge­n und Einquartie­rungen verlangte, dann legten die Honschafte­n diese Lasten auf die einzelnen Höfe um. Ebenso mussten sie die Schutztrup­pen unterhalte­n, die der Landesherr in Zeiten kriegerisc­her Bedrohung zum Schutze des Amtes Kempen in Dienst stellte, und neue Befestigun­gen finanziere­n, die das Land sichern sollten. Wie das „Neue Bollwerk“, von dem in der gezeigten Honschafts­rechnung von 1447 die Rede ist. Das war eine aus Erde aufgeschüt­tete Befestigun­g an der Ostseite der Burg, auf der man Kanonen aufpflanzt­e, um das Kastell zur Feldseite hin zusätzlich zu schützen. In ihrem Verlauf zeichnet der heutige Burgring die Konturen dieser mittelalte­rlichen Befestigun­g immer noch nach.

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