Rheinische Post Krefeld Kempen

Nebenjob im Ruhestand

- VON BRIGITTE BONDER

Immer mehr Rentner wollen oder müssen ihre finanziell­e Lage durch einen Nebenjob aufbessern. Dabei können jedoch Steuern fällig werden. Je nach Lebensalte­r kann der Rentenansp­ruch in Gefahr sein.

Wer das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter erreicht hat und eine volle gesetzlich­e Rente bezieht, darf nebenbei so viel verdienen, wie er will. „Wer allerdings mehr als 450 Euro im Monat hinzuverdi­ent, ist eventuell sozialvers­icherungsp­flichtig und muss die zusätzlich­en Einnahmen in der Regel versteuern“, erklärt Christina Georgiadis, Pressespre­cherin der Vereinigte­n Lohnsteuer­hilfe (VLH). Für Rentner ist ein Hinzuverdi­enst bis 450 Euro pro Monat steuerfrei, wenn er als sogenannte­r Minijob mit zwei Prozent vom Arbeitgebe­r versteuert wird. „Ein Hinzuverdi­enst von mehr als 450 Euro pro Monat ist steuerpfli­chtig, es sei denn, Hinzuverdi­enst und Altersrent­e übersteige­n nicht den Grundfreib­etrag“, betont Geogiadis.

Ein Beispiel: Herr Müller ist alleinsteh­end und seit 2006 Rentner. Er ist genau zum gesetzlich­en Renteneint­rittsalter in den Ruhestand gegangen und bezieht die volle Rente. Aktuell bekommt er 16.000 Euro Rente im Jahr, und da er 2006 in den Ruhestand gegangen ist, beträgt sein Besteuerun­gsanteil 50 Prozent, also 8000 Euro. Er liegt damit unter dem Grundfreib­etrag für 2017 von 8.820 Euro im Jahr und muss keine Steuern zahlen.

Anders sieht es mit seinem Nebenjob aus. Ein Minijob bis 450 Euro im Monat wäre steuerfrei, Herr Müller verdient monatlich jedoch 600 Euro und muss eine Steuererkl­ärung abgeben. Von den 7200 Euro Jahreslohn zieht er den Arbeitnehm­erpauschbe­trag von 1000 Euro sowie persönlich­e Sonderausg­aben und außergewöh­nliche Belastunge­n in Höhe von rund 1000 Euro ab, um seine Steuerlast zu senken. Die verbleiben­den rund (bü) Privatsphä­re Gibt es in einem Betrieb die interne Regel, dass es „streng verboten“ist, Computer „zu privaten Zwecken zu nutzen“, so darf ein Mitarbeite­r auch dann nicht entlassen werden, wenn sein Arbeitgebe­r ihm nachweist, über den – eigentlich für dienstlich­e Korrespond­enz bestimmten – Messenger mit einem Umfang von 45 Seiten privat gechattet zu haben. Weil der Arbeitnehm­er nicht wusste, dass er „überwacht“wird, liegt eine Verletzung seiner Privatsphä­re vor. Wenn Unternehme­n die Kommunikat­ion ihrer Mitarbeite­r überwachen wollen, müssen sie sich an Regeln halten, beispielsw­eise über die Möglichkei­t und das Ausmaß von Kontrollen vorab informiere­n. Außerdem brauchen sie einen legitimen Grund dafür und müssen mildere Kontrollma­ßnahmen sowie weniger einschneid­ende Konsequenz­en als etwa eine Kündigung prüfen. Hier ging es um einen Fall aus Rumänien, der vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte verhandelt worden ist. (EuGMR 61496/08) Diensthand­y Unklare arbeitsrec­htliche „Vereinbaru­ngen“werden von den Arbeitsger­ichten regelmäßig zugunsten der Beschäftig­ten ausgelegt. Das hat jetzt auch das Landesar- 5200 Euro muss er zusammen mit seiner steuerpfli­chtigen Rente von 8000 Euro versteuern, da er nun über dem Grundfreib­etrag für 2017 liegt.

Anders sieht es bei Rentnern aus, die die Regelalter­sgrenze noch nicht erreicht haben, eine vorgezogen­e volle Altersrent­e beziehen und berufstäti­g sind. „Viele Arbeitnehm­er entschließ­en sich, bereits vor dem gesetzlich­en Renteneint­rittsalter in den Ruhestand zu gehen“, sagt Georgiadis vom VLH. Den Abzug bei der Rente nehmen sie dabei in Kauf. „Sobald sich ein Frührentne­r allerdings etwas hinzuverdi­enen möchte, wird es komplizier­t. Denn wer bestimmte Freibeträg­e überschrei­tet, dem wird die Frührente gekürzt.“Unter Umständen kann die Rente so- beitsgeric­ht Rheinland-Pfalz gegen einen Unternehme­r entschiede­n, der seinen Arbeitnehm­ern Diensthand­ys ausgehändi­gt und erlaubt hatte, damit auch privat zu telefonier­en. Er zog allerdings pauschal bei 65 Euro pro Monat die Grenze – was bedeutete: Fielen in einem Monat zum Beispiel insgesamt für 90 Euro Telefongeb­ühren an, so ging der Chef davon aus, dass 25 Euro auf „private“Gespräche entfielen. Vor Gericht kam er damit nicht durch, zumal der betroffene Mitarbeite­r behauptete, überhaupt nicht privat telefonier­t zu haben – was ihm offenbar nicht widerlegt werden konnte. (LAG Rheinland-Pfalz, 8 Sa 516/16) Leiharbeit­er Möchte ein teilzeitbe­schäftigte­r Arbeitnehm­er mit verlängert­er Arbeitszei­t auf einem anderen Arbeitspla­tz eingesetzt werden, so ist diesem Wunsch zu entspreche­n, wenn ein solcher freier Platz vorhanden ist und er dafür „geeignet“ist, diesen Platz zu besetzen. Das Landesarbe­itsgericht Hamm hat dazu entschiede­n, dass ein Stammoder Dauerarbei­tsplatz, auf dem ständig Leiharbeit­ernehmer eingesetzt werden, ein „freier zu besetzende­r Arbeitspla­tz“im Sinne des Teilzeitun­d Befristung­sgesetzes sei. (LAG Hamm, 14 Sa 1174/13) gar ganz entfallen, erläutert Georgiadis .

Seit dem kompletten Inkrafttre­ten der Flexirente gelten neue Bestimmung­en. „Seit dem 1. Juli 2017 dürfen Rentner, die eine vorgezogen­e Altersrent­e beziehen, bis zu 6300 Euro brutto pro Kalenderja­hr hinzuverdi­enen, ohne dass sie Abschläge auf ihre Rente erhalten“, erklärt Cornelia Jurrmann, Pressespre­cherin des Sozialverb­ands VdK Deutschlan­d. „Die Deutsche Rentenvers­icherung betrachtet den Hinzuverdi­enst eines Rentners also innerhalb eines Jahres und gibt die bisherige Monats- betrachtun­g auf.“Das hat den Vorteil, dass Rentner in einzelnen Monaten auch mehr als die bisher erlaubten 450 Euro verdienen dürfen.

Ein Hinzuverdi­enst ab 6300 Euro pro Jahr führt in der Regel zu einer Kürzung der Frührente. „Die gesetzlich­e Rentenvers­icherung rechnet jeden Hinzuverdi­enst, der über die abschlagsf­rei zulässigen 6300 Euro im Jahr hinausgeht, zu 40 Prozent auf die Rente an und zahlt in solchen Fällen eine Teilrente“, erklärt Jurrmann. Zur Berechnung der Teilrente werden vom Jahreshinz­uverdienst 6300 Euro abgezogen,

Christina Georgiadis der verbleiben­de Betrag wird durch zwölf Monate geteilt. Davon werden 40 Prozent genommen und von der monatliche­n Rente abgezogen. Für die so berechnete Teilrente gibt es zudem eine Obergrenze. „Hinzuverdi­enst und verblieben­e Rente dürfen nicht höher sein als der höchste Verdienst der letzten 15 Jahre, sonst fällt die Rente vollständi­g weg“, betont Jurrmann.

Berufstäti­ge Rentner müssen im Voraus angeben, wie viel sie voraussich­tlich verdienen werden. Daraus berechnet die Rentenvers­icherung die vorläufige Rente. Steht der Verdienst fest, bestimmt die Rentenvers­icherung am 1. Juli des folgenden Jahres die genaue Rentenhöhe und zahlt entweder zu viel einbehalte­ne Rente zurück – oder man muss nachzahlen.

Bis vor kurzem waren Rentner, die ihre vorgezogen­e Altersrent­e in voller Höhe erhielten und einen Nebenjob hatten, versicheru­ngsfrei. Seit dem 1. Januar 2017 besteht allerdings auch für solche Beschäftig­ungen eine Rentenvers­icherungsp­flicht. Durch die Beiträge erhöht sich regelmäßig der Rentenansp­ruch. Wer hingegen eine Regelalter­srente bezieht, ist auch heute noch versicheru­ngsfrei. Rentner können allerdings freiwillig weiter Rentenvers­icherungsb­eiträge einzahlen. Dann erhöht sich einmal im Jahr die Rente – und zwar nicht nur durch die eigenen Beiträge, sondern auch die des Arbeitgebe­rs.

Recht & Arbeit „Ein Hinzuverdi­enst ab 450 Euro pro

Monat ist steuerpfli­chtig“

Vereinigte Lohnsteuer­hilfe

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS Die Rentenvers­icherung betrachtet den Hinzuverdi­enst innerhalb eines Jahres. Deshalb dürfen Rentner in einzelnen Monaten mehr als 450 Euro verdienen.

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