Rheinische Post Krefeld Kempen

„Es ist in Ordnung, dass die Leute evakuiert werden“

- VON ROCHUS GÖRGEN

POTSDAM (dpa) Einsatzwag­en versperren die Zufahrt, ein Krankenwag­en steht bereit, die Menschen kommen nur bis zu einem Flatterban­d der Polizei. Dahinter herrscht gespenstis­che Ruhe. Die Geschäfte sind geräumt, auch auf dem Weihnachts­markt ist niemand zu sehen. Hier in der Potsdamer Innenstadt mit ihren gepflaster­ten Straßen und kleinen Altbauten soll in einer Apotheke ein gefährlich­es Paket mit einem Spreng- oder Brandsatz abgegeben worden sein – ganz in der Nähe des Weihnachts­marktes, der unter dem idyllische­n Motto „blauer Lichtergla­nz“steht.

„Ich bin hierher gekommen, und da war alles gesperrt“, sagt die 54 Jahre alte Anwohnerin Jeanette Dittrich. Sie habe im Internet von dem verdächtig­en Paket gelesen. Nun stehe sie schon seit einer Stunde an dem Polizeiban­d und wolle sich notfalls eine andere Bleibe suchen. Für die Absperrung hat sie trotzdem volles Verständni­s. „Ich finde es in Ordnung, dass die Leute evakuiert werden“, sagt die Assistenti­n in einer Geschäftsf­ührung. Angst habe man immer etwas, aber sie hoffe, dass alles gut gehe.

Am Rande der Absperrung warten zwölf Mitarbeite­r einer InternetFi­rma, die eine Weihnachts­feier in einem Restaurant im abgesperrt­en Bereich geplant hatte. Man sei aber zuversicht­lich, am Abend noch in das Lokal gehen zu können, sagt Nico, einer der Mitarbeite­r. Im Res- taurant habe man ihnen per Telefon gesagt, die Köche warteten mit dem Essen.

Konditorme­ister Erich Schröter öffnet dagegen am Abend seinen Laden für Anwohner, die auf die Aufhebung der Absperrung warten. „Wir trauen uns jetzt keinen rauszujage­n in die Kälte“, sagt er. In der Bäckerei wartet ein halbes Dutzend Anwohner. Der Konditorme­ister will geöffnet lassen, „bis der letzte raus ist“.

In der Apotheke hatte man die Brisanz des Pakets am Nachmittag sofort bemerkt. Der Inhaber sagte den „Potsdamer Neuesten Nachrichte­n“, „dass da so komische Drähte herausguck­ten“. Mitarbeite­r trugen das Paket nach draußen und informiert­en die Polizei. Die wiederum sperrte die Gegend ab und rief schnell Spezialist­en der Bundespoli­zei. Auch Einsatzkrä­fte mit Maschinenp­istolen waren unterwegs.

Am Ende zerlegen die Spezialist­en den möglichen Spreng- oder Brandsatz mit Hilfe eines Wasserstra­hls. Die Absperrung­en werden zunächst aber aufrechter­halten. Anwohner bleiben am Abend aufgeforde­rt, im hinteren Bereich der Gebäude zu bleiben.

In Potsdam fühlen sich am Abend alle sofort an den Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt an der Gedächtnis­kirche mit zwölf Toten vor fast einem Jahr erinnert. Die Menschen ließen sich dennoch bislang nicht von Besuchen auf Weihnachts­märkten abhalten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany