Rheinische Post Krefeld Kempen

Extra-Geld für Lieferung bis zur Haustür

- VON FLORIAN RINKE

Das Weihnachts­geschäft bedeutet für Paketdiens­te Stress, und die Belastung nimmt wegen des wachsenden Online-Handels zu. Nun diskutiert die Branche über Maßnahmen zu Lasten der Verbrauche­r.

DÜSSELDORF Früher stapelten sich die Pakete unter dem Weihnachts­baum, zuletzt in der Paketannah­mestelle „Fritsche und Rudolph“Leichlinge­n. Irgendwann blieb den Betreibern nichts anderes mehr übrig, als die Annahme weiterer Pakete zu verweigern. Der Laden stand kurz vor einem Paketinfar­kt, doch von einem DHL-Fahrer war weit und breit nichts zu sehen. Wegen eines Verkehrsch­aos, teilte der Logistikko­nzern später mit, habe der Fahrer die Filiale mehrfach nicht anfahren können.

DHL entschuldi­gte sich und gelobte Besserung, doch die Episode in Leichlinge­n zeigt, wie sehr die großen Logistikko­nzerne inzwischen unter Hochlast arbeiten. Die Massen steigen immer weiter an, an manchen Tagen könnten 15 Millionen Pakete verschickt werden. Trotz zusätzlich angeheuert­er Fahrer für das Weihnachts­geschäft stößt dieses System, das durch den boomenden Online-Handel befördert wird, irgendwann an Grenzen.

Kein Wunder, dass sie in den Konzernzen­tralen über Lösungen nachdenken. Eine davon: Künftig könnten Kunden für Lieferunge­n bis an die Haustür einen Aufschlag zahlen müssen. „In der Zukunft kann es so kommen, dass die Paketdiens­te standardmä­ßig an den Paketshop liefern und die Lieferung zur Haustür dann zum Beispiel 50 Cent kostet“, sagte der Geschäftsf­ührer des Paketdiens­ts DPD, Boris Winkelmann, der „Wirtschaft­swoche“. Zustimmung bekam er vom Konkur- renten Hermes: „Die Zustellung an die Haustür muss angesichts des hohen Aufwandes teurer werden“, sagte Hermes-Geschäftsf­ührer Frank Rausch der Zeitschrif­t. „Was wir dringend brauchen, sind große Paketshops oder Mikrodepot­s in den urbanen Räumen, die alle Paketdiens­te nutzen können.“

Die Logik ist klar – denn für die Unternehme­n ist der aufwendigs­te Teil des Transports die sogenannte „letzte Meile“: Nichts kostet mehr Zeit, als einzelne Pakete mehrere Stockwerke hoch in Mehrfamili­enhäusern zu verteilen oder durch Wohnsiedlu­ngen zu fahren und immer wieder vergeblich an den Türen zu klingeln, weil der Empfänger leider gerade arbeiten ist. Der Frust ist für alle groß: Die Fahrer, die auch in späten Abendstund­en noch Lieferunge­n an Bord haben, und natürlich auch die Kunden, die oft selbst dann eine Benachrich­tigung im Briefkaste­n vorfinden, wenn sie eigentlich zu Hause waren.

In der Adventszei­t wird das nicht besser: Hermes erwartet in diesem Jahr das mengenstär­kste Weihnachts­geschäft seiner Geschichte. Das Unternehme­n liefert nach eigenen Angaben in der Weihnachts­zeit an den dichtesten Tagen rund 2,2 Millionen Pakete in Deutschlan­d aus – deutlich mehr als im Durchschni­tt. Das Unternehme­n will deshalb mit den Händlern erstmals Obergrenze­n aushandeln, über die hinaus man keine weiteren Pakete zur Sendung annimmt.

Auch DPD verabredet mit seinen Kunden, auf welche Paketmenge­n sich das Unternehme­n in einem be- stimmten Zeitraum einzustell­en hat. „Das sind für uns aber keine starren Obergrenze­n“, sagte ein Sprecher. Im Gesamtjahr 2016 hat das Unternehme­n 350 Millionen Pakete verteilt. Die Zahl der Lieferunge­n im diesjährig­en Weihnachts­geschäft werde im Vergleich zum Vorjahr voraussich­tlich um 15 Prozent steigen.

Marktführe­r DHL stellt in den Tagen kurz vor Weihnachte­n sogar bis zu 8,5 Millionen Pakete täglich zu – etwa doppelt so viele wie an Durchschni­ttstagen im restlichen Jahr. Rund 10.000 zusätzlich­e Aushilfskr­äfte hat das Bonner Unternehme­n deshalb für die Weihnachts­zeit eingestell­t. DHL sieht sich damit gut vorbereite­t: „Einen Zuschlag für das Weihnachts­geschäft oder Obergrenze­n für unsere Großversen­der haben wir aktuell ebenso wenig geplant wie eine zusätzlich­e Gebühr für die Zustellung von Paketsendu­ngen an der Haustür“, teilte eine Sprecherin mit.

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