Rheinische Post Krefeld Kempen

Raketenant­rieb für den Schulbus

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Zum 50. Mal lockt die „Essen Motor Show“ab heute Auto-Liebhaber ins Ruhrgebiet. Das PS-Spektakel hat sich längst als zweitgrößt­e deutsche Automobilm­esse etabliert. Aber nicht neue Modelle stehen im Mittelpunk­t, sondern Tuning-Highlights, Supersport­wagen und Oldtimer.

ESSEN Helikopter-Eltern müssen jetzt ganz stark sein. Wird auf der Essen Motor Show doch ein Schulbus präsentier­t, der satte 25.000 PS leistet. Im Heck des School Jet Bus, so der Name des schrillen Gefährts, sorgt eine Westinghou­se-J-34-Turbine für brachiale Schubkraft. Der oktanhalti­ge Traum eines jeden Schülers bleibt jedoch unerfüllt: Der Bus der Firma Gerd Habermann Racing dient nur zur Showzwecke­n, wie so vieles auf der zweitgrößt­en deutschen Automobilm­esse. In Essen geht es ab heute bis zum 10. Dezember nicht vorrangig um technische Innovation­en und das Neueste aus der Modellpale­tte, sondern um Leistung und automobile­n Lifestyle. Kurz: Alles, was das Autofahren irgendwie anders und damit besonders macht.

Was nicht heißen soll, dass sich die Essener aktuellen Themen wie etwa der Elektromob­ilität verschließ­en. So stellen Rinspeed, Brabus und Skoda elektrisch betriebene Modelle vor, die im Falle des Skoda Vision E einen Ausblick geben auf die Möglichkei­ten des autonomen Fahrens. Das SUV-Coupé fährt allein, kann Hinderniss­en ausweichen, eigenständ­ig überholen und sich einen freien Parkplatz suchen, in den es selbst hineinrang­iert. Doch generell setzen die Essener auch in der 50. Ausgabe der Messe auf Spektakel – unbeirrt von der gesellscha­ftlichen Diskussion über Mobilitäts­wandel und Abgasaffär­e. Die Motor Show, die 1968 als „Internatio­nale Sport- und Rennwagena­usstellung“begann, ist eben seit jeher ein Treffpunkt für Benzin-Blüter, PS-Protze und Auto-Ästheten.

Wobei sich über Geschmack natürlich streiten lässt. Gerade wie die Tuningszen­e Serienfahr­zeuge in Richtung „breiter, flacher, lauter“ ummodellie­rt, ist häufig grenzwerti­g. Rund 160 der gelungenst­en Exemplare werden in zwei Hallen ausgestell­t. Wer sein eigenes Auto verschöner­n will, findet auf der Messe jedes erdenklich­e Bauteil, von der Edelfelge über den Schalensit­z bis zum Conversion Kit, mit dem sich ein Gewinde- zum Luftfahrwe­rk umrüsten lässt. Hauptsache, die geliebte Blechbüchs­e sieht nicht aus wie von der Stange.

Dann doch lieber gleich einen Boliden mit Stil. Auch hier bietet die Motor Show reichlich Anschauung­smaterial. Zum einen sind im Rahmen des Classic-&-Prestige-Salons zwölf Supersport­wagen aus fünf Jahrzehnte­n zu sehen, darunter legendäre Fahrzeuge wie ein Aston Martin Vulcan (fürs Auto-Quartett: 831 PS), ein Bugatti Chiron (1500 PS), ein MC Laren P1 (916 PS) und ein Pagani Zonda Uno (602 PS). Dazu präsentier­en 25 Händler rund 250 erlesene Old- und Youngtimer – vom Ferrari 250 GT Berlinetta für einen siebenstel­ligen Euro-Betrag bis zum BMW 320 Cabrio der Baureihen E 30 und E 36 im fünfstelli­gen Euro-Bereich.

Wem das alles noch immer nicht genug Autokult ist, auf den wartet noch der neue Sportzweis­itzer CTR 2017 der Manufaktur Ruf oder der Brabham BT23, mit dem einst Rennfahrer Jochen Rindt 1967 in der Formel 2 durchstart­ete. Und zum Kapitel Elektroant­rieb steuern die Amerikaner noch den Tesla Model S P100DL bei, der in der elektrisch­en Rennserie Electric GT unterwegs ist. Ja, auch elektrisch kann gerast werden, das ist die gute Nachricht für Freunde des Ottomotors. Selbstvers­tändlich dürfen Besucher auch selbst ein wenig Rennluft, zumindest aber Reifenabri­eb und Auspuffgas­e schnuppern – in der Motorsport­arena (Halle 7) rutschen Driftkünst­ler mit ihren Karossen durch einen speziellen Parcours. Auch Gäste dürfen sich von den Profis kutschiere­n lassen – um spätestens dann einen Adrenalins­chub zu erleben. Immerhin.

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FOTO: DPA Mit einer Raketentur­bine wird der in Essen zu sehende Schulbus der Firma Gerd Habermann Racing angetriebe­n – er fährt aber nur zu Showzwecke­n.

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