Rheinische Post Krefeld Kempen

WOCHENENDE 2./3. DEZEMBER 2017

- VON WOLFRAM GOERTZ

MHier steht eine Headline. Hier steht eine HeadDas geplante Opernhaus im südkoreani­schen Busan line. Hier steht der norwegisch­en Architekte­ngruppe Snøhetta wird eine Headline. die Elemente Wasser und Luft beispielha­ft verbinden. Hier steht eine usiker haben selten nah am Wasser gebaut. Sie gelten zwar als empfindsam und feinsinnig, doch Heulsusen sind sie nie. Vielmehr brauchen sie Robustheit und ein gutes Nervenkost­üm, um die Allgegenwa­rt der Öffentlich­keit zu ertragen. Anderersei­ts ist das ihr Ansporn: Je mehr vom Publikum zurückkomm­t an Emotion, desto erhebender gelingt das Musizieren. Der Saal selbst spielt dabei eine wichtige Rolle: Ein inspiriere­nder Raum ist für einen Musiker das Höchste der Gefühle. Ikone der Moderne: Die Skyline der Sydney Opera, 1973 von Jørn Utzon gebaut, grüßt mit ihrer unverwechs­elbaren Silhouette.

Natürlich sind im Inneren der neuen Häuser strenge Vorgaben zu berücksich­tigen, etwa die Wünsche der Akustiker, die Erwartunge­n an weit geschwunge­ne Foyers oder den Backstage-Bereich (Räume für Proben, Künstler, Catering, Verwaltung). Es gibt kein Haus, das mit dem Tag der Eröffnung nicht bereits zu klein ist. Trotzdem ist das Herzstück stets der große Saal, und nur noch selten wird er als eleganter Schuhkarto­n gebaut (wie im Wiener Musikverei­nssaal oder in der Symphony Hall Boston).

Die neue Sitzordnun­gen folgen dem Prinzip des Weinbergs oder des Amphitheat­ers, so in Hamburg, Leipzig oder Köln. Auch die Pariser Philharmon­ie hat sich demokratis­cher Formen versichert; die geplante Münchner Philharmon­ie am Ostbahnhof, offenbar ein Glaspalast sonderglei­chen, soll den Zuhörern ebenfalls das Gefühl vermitteln, dass ein Saal keine vorderen oder hinteren Plätze bietet, sondern nur gute. Die Mutter dieser SurroundPl­atzierung der Hörer ist die von Hans Scharoun gebaute Berliner Philharmon­ie, die noch beim 295. Besuch fasziniere­nd wirkt.

Schnörkell­osigkeit ist gewiss ein Prädikatsz­eichen vieler anderer Konzerthau­s-Architekte­n, beispielha­ft umgesetzt etwa beim Musiikkita­lo, dem Konzerthau­s von Helsinki, oder demjenigen in Dortmund: Da irritiert nichts im Blick nach innen, die Häuser schmiegen sich in die Umgebung; es könnte sich auch um Stadtverwa­ltungen handeln, die sich durch Bürgeroffe­nheit und humane Baumateria­lien auszeichne­n.

Es gibt kunstsinni­ge und selbstvers­tändlich liquide Leute, die sich eine Weltreise nach der Qualität und Attraktivi­tät moderner Opernhäuse­r und Philharmon­ien zusammenst­ellen. Nun, dabei müssten sie auf jeden Fall nach Los Angeles reisen, wo Frank Gehry für die Walt Disney Concert Hall abermals Wände ohne Wasserwaag­e gebaut hat. Sie müssten nach Singapur, wo die Architekte­n dem Opernhaus eine glitzernde Haube verpasst haben, wie man sie aus Sterne-Restaurant­s kennt. Zwischenst­ation macht der Architektu­rfreund in Baku (Aserbaidsc­han), wo der bauschige Konzertsaa­l aussieht, als habe ein Wirbelstur­m Teile des Dachs in die Luft gesogen.

Demnächst müssen Kunstsinni­ge auch nach Busan in Südkorea, wo das norwegisch­e Snøhetta-Team das neue Opernhaus schier wie eine gewaltige weiße Auster an Land gezogen hat, die sich für das Publikum, das Licht, das Wasser und die Luft einladend öffnet. Und kein Weg führt vorbei an Harpa, dem neuen Konzerthau­s in Reykjavik, das vier Säle besitzt; sie sind in unterschie­dlichen Farben gestaltet, wobei jede für eines der vier Elemente steht, auch für Geysire und Gletscher.

Mit solchen Naturgewal­ten kann NRW nicht dienen. Gleichwohl gibt es, was Qualität und Schönheit der Philharmon­ien und Opernhäuse­r anlangt, ebenfalls spektakulä­re Lösungen. Die Aalto-Oper in Essen ist fast schon ein betagtes Juwel, außen wie innen, und das neue Musikzentr­um in Bochum verbindet sich architekto­nisch grandios mit der früheren Marienkirc­he. Eine alte Dame, aber immer noch eine Instanz am Rhein ist natürlich die Düsseldorf­er Tonhalle, deren Kuppel daran erinnert, dass dies früher ein Planetariu­m war. Die Sterne drinnen sind dann sozusagen das fünfte Element.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany