Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Ende der Gewissheit­en

- VON BARBARA GROFE

Im „Polizeiruf 110“aus Frankfurt/Oder geht es um vermeintli­che Eltern und die Liebe zu einem Kind.

FRANKFURT/ODER Die einzige Gewissheit im Leben ist die Mutter. So heißt es zwar im neuen „Polizeiruf 110 – Das Beste für mein Kind“, die Wahrheit ist aber eine andere. In diesem Polizeiruf mit Maria Simon (Olga Lenski) und Lukas Gregorowic­z (Adam Raczek) in den Hauptrolle­n ist die angebliche Mutter eines Kindes nicht die Mutter, ist der Vater nicht der Vater und ist die heile Welt, nach der die Familien aussehen wollen, in Wahrheit kein bisschen heil.

Der sechs Monate alte Leon Hallmann wird aus dem Krankenhau­s entführt und wenige Stunden später wieder vor einer polnischen Klinik ausgesetzt, sein Entführer – ein polnischer Koch – wird tot aufgefunde­n. Umgebracht. Nach und nach und immer mehr finden Raczek und Lenski über diese Familie heraus: Ganz zu Beginn heißt es, Leon sei das Kind der Hallmanns. Dann, das Baby sei das Ergebnis einer Affäre von Robert Hallmann und Anna Kowalski, und Sabine Hallmann hätte den Kleinen adoptiert. Irgendwann aber ist klar: Weder Robert Hallmann noch Annas Ehemann Bartosz sind mit dem kleinen Leon blutsverwa­ndt. Raczek und Lenski versuchen, das Durcheinan­der von Affären und Lügen, von kaputten Träumen und verdrängte­n Wünschen zu entwirren.

Zum vierten Mal ermitteln Lenski und Raczek jetzt schon zusammen an der deutsch-polnischen Grenze. Während der Zuschauer zuletzt etwas darüber erfuhr, welche Probleme die Kommissari­n als alleinerzi­ehende Mutter hat, steht dieses Mal der männliche Part im Fokus. Raczeks Frau Lydia will wieder in Vollzeit arbeiten, Adam Raczek, im Herzen ein rückständi­ger Macho, findet die Idee mies und hält mit seinem Missfallen nicht hinter dem Berg. Die Gattin (cool selbstgewi­ss: Julia-Maria Köhler) straft ihren Mann mit Nichtbeach­ten, verrammelt das Haus und verbannt ihn auf die Besucherco­uch eines Kollegen. Das Schöne ist: Regisseur Jakob Ziemnicki überforder­t den Zuschauer nicht mit zu viel privatem Drama. Er lässt uns nur immer ein bisschen Einblick nehmen in das nicht ganz spannungsf­reie Privatlebe­n seiner Kommissare – gerade so viel, dass dieser private Hintergrun­d auch interessan­t bleibt und dennoch der Fall im Mittelpunk­t der 90 Minuten steht.

Agnieszka Grochowska, die Anna Kowalski spielt, ist in Polen eine bekannte Schauspiel­erin und das kann, wer sie spielen sieht, nachvollzi­ehen. Grochowska hat so viel Gebrochene­s und wirkt gleichzeit­ig, als erreichten sie die Dinge gar nicht. Als würde sie Gefühle aufhalten, noch bevor sie überhaupt aufkommen. Weil das, was da käme, zu schmerzhaf­t wäre.

 ?? FOTO: RBB/ANDREA HANSEN ?? Maria Simon und Lukas Gregorowic­z nähern sich als Team nur in Trippelsch­ritten an – und der Zuschauer kann das Tempo mitgehen.
FOTO: RBB/ANDREA HANSEN Maria Simon und Lukas Gregorowic­z nähern sich als Team nur in Trippelsch­ritten an – und der Zuschauer kann das Tempo mitgehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany