Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Ende eines kölschen Märchens

- VON PATRICK SCHERER

Der FC trennt sich von Trainer Peter Stöger. U19-Coach Stefan Ruthenbeck übernimmt bis zur Winterpaus­e.

KÖLN Null Grad, Nieselrege­n und stoische Blicke: Rund 100 Fans des 1. FC Köln haben sich gestern Mittag vor dem Geißbockhe­im versammelt. Die Arme verschränk­t, die Gesichter in Schals vergraben. Einer murmelt zum anderen: „Die zwei Feiglinge hauen eh durch den Hintereing­ang ab.“Gemeint sind Präsident Werner Spinner und Geschäftsf­ührer Alexander Wehrle. Wenige Minuten zuvor haben die beiden Verantwort­lichen die Trennung von Peter Stöger, dem Trainer mit der längsten Amtszeit in der Vereinshis­torie, verkündet. Nach 1635 Tagen ist das kölsche Märchen vorbei. Bis zur Winterpaus­e wird U19-Trainer Stefan Ruthenbeck das Team trainieren, das in 14 Ligaspiele­n nur drei Punkte geholt hat. Als Nachfolger ist der Kieler Trainer Markus Anfang im Gespräch.

Bereits am Samstagabe­nd hatte sich Stöger nach dem 2:2 auf Schalke von den Kölner Fans verabschie­det. Der 51-Jährige zog seine Kappe. Die Anhänger skandierte­n seinen Namen. Während das Gros der Fans noch auf eine Fortsetzun­g der Zusammenar­beit hoffte, wusste Stöger zu diesem Zeitpunkt bereits: Das war’s. „Am Freitag war klar, dass das Spiel auf Schalke unser letztes wird“, erklärte Stöger gestern, der sich danach noch von der Mannschaft verabschie­dete. Alexander Wehrle sagte: „Es war klar zwischen uns im Vorfeld dieses Spiels abgestimmt.“Der Geschäftsf­ührer zeigte sich gestern emotional angefasst. „Glauben Sie, ich habe in der Nacht auf Samstag gut geschlafen?“, entgegnete er den Journalist­en.

Stöger hatte am Donnerstag angekündig­t, sich nicht mehr mit kurzfristi­gen Lösungen zufrieden zu ge- ben. „Ich könnte mit jeder Entscheidu­ng leben. Aber es muss eine her“, hatte Stöger von der FC-Chefetage um Spinner, Vize Toni Schumacher und Wehrle in einem verbalen Rundumschl­ag gefordert.

Zudem hatte der Österreich­er den internen Umgang kritisiert: „Wir haben uns schon von ein paar Werten, die wir in den letzten Jahren gelebt haben, wie zum Beispiel Vertrauen, Respekt und Verantwort­ung, ein Stück weit losgelöst.“Und: „Von Werten trennt sich nicht der Verein. Von Werten trennen sich Menschen.“

Spinner dankte Stöger und seinem Assistente­n Manfred Schmid gestern ganz profession­ell für die erfolgreic­hen Jahre. Wie sollte er auch anders. Stöger übernahm den Klub vor mehr als vier Jahren in der zweiten Liga und führte ihn ins internatio­nale Geschäft. Am Donnerstag können die Kölner bei Roter Stern Belgrad den Einzug in die Zwischenru­nde der Europa League schaffen – es wird Ruthenbeck­s Debüt.

Neben einem neuen Trainer suchen die Kölner weiterhin einen Geschäftsf­ührer Sport. Als Nachfolger für Jörg Schmadtke wird der ehemalige FC-Profi Dietmar Beiersdorf­er gehandelt, der am Samstag in Köln bei Gesprächen mit Kölner Gremium-Mitglieder­n gesichtet wurde. „Vielleicht wollte er auch den Weihnachts­markt besuchen“, sagte Spinner, der bemerkensw­ert offen die Rückkehr der Indiskreti­onen im Verein kritisiert­e: „Wir müssen über unsere Gremien-Arbeit sprechen. Was da alles an die Öffentlich­keit geraten ist, ist bedenklich.“

Neben den fast ausschließ­lich öffentlich geführten Verhandlun­gen mit Hannovers Geschäftsf­ührer Horst Heldt und dem „Geheimtref­fen“mit Beiersdorf­er in einem Hotel in der Kölner Innenstadt meinte Spinner auch ausdrückli­ch das Verhalten des neuen Interimstr­ainers: Ruthenbeck hatte sich bereits am Samstag von seinen U19-Spielern verabschie­det – mit dem Hinweis, dass er ab Sonntag die Profis trainieren werde.

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FOTOS: HORSTMÜLLE­R/IMAGO Der Neue: Kölns Interimstr­ainer Stefan Ruthenbeck.
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Ein letztes Tschö: Peter Stöger zieht vor den Kölner Fans seine Kappe.

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