Rheinische Post Krefeld Kempen

Kreis will Umladestat­ion durchsetze­n

- VON EMILY SENF RP-FOTO (ARCHIV): BUSCHKAMP

Der Kreis will knapp zehn Millionen in eine Müllumlade­station auf dem Venete-Areal investiere­n. Er hofft auf Einsparung­en in Millionenh­öhe. Eine Bürgerinit­iative will das Projekt, für das Planungsre­cht noch fehlt, verhindern.

KREIS VIERSEN Der Kreis Viersen will die geplante Müllumlade­station auf dem Venete-Gelände in NettetalKa­ldenkirche­n durchsetze­n. „Ich halte das Projekt für so wichtig, dass wir es dem Bürger schuldig sind“, sagt Bau- und Umweltdeze­rnent Andreas Budde im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Umschlagha­llen sollen auch dann errichtet werden, wenn sich die Stadt Nettetal gegen den vorgelager­ten Wertstoffh­of entscheide­t – denn für den fehlt bislang das Planungsre­cht.

Rund 130.000 Tonnen Abfall entstehen jährlich im Kreis Viersen. Sammelfahr­zeuge bringen ihn nach Krefeld, wo er auf große Lkw umgeladen wird. Endstation­en sind die Müllverbre­nnungsanla­gen in Solingen und Köln. Durch den Bau des Wertstoff- und Logistikze­ntrums (WLZ) in Venete erhofft sich der Kreis Einsparung­en in Millionenh­öhe. „Dann können wir beim Einsammeln die Preise vorgeben“, sagt Budde. Dort seien je nach Anbieter derzeit Sprünge von bis zu 80 Prozent möglich, weil es zu wenig Wettbewerb gebe. Den, so die Idee, will der Kreis durch das WLZ schaffen – und den Preis damit niedrig halten.

Andreas Budde geht davon aus, dass das Vorhaben qualitativ so gut ist, „dass wir die Genehmigun­g dafür bekommen werden“. Es gebe ja auch einen Beschluss des Kreistags. Demnach könne der insgesamt knapp zehn Millionen Euro teure Bau voraussich­tlich 2019 realisiert werden.

Bis Ende 2014 sei der Abfallbetr­ieb des Kreises Viersen (ABV) in Altverträg­en gebunden gewesen, sagt Budde, Leiter des ABV. Erstmals habe man sich 2015 mit der Planung einer eigenen Umladestat­ion befasst. „Im Sommer 2015 sind wir auf die Suche nach einem Grundstück gegangen“, sagt Budde. Venete sei der einzige mögliche Standort im Kreisgebie­t. Zwar seien auch für den Kreis die von der Stadt Nettetal geforderte­n 75 Euro je Quadratmet­er „durchaus viel“gewesen. „Aber die Fläche ist als Industrieg­ebiet ausgewiese­n und liegt nicht in einem Wasserschu­tzgebiet, von denen es hier viele gibt“, sagt Budde.

Von dort soll der Müll zum Abfallents­orgungszen­trum Asdonkshof in Kamp-Lintfort (Kreis Wesel) transporti­ert werden. Der ABV stellte das Projekt am 26. November 2015 in einer nicht-öffentlich­en Sitzung des Haupt- und Finanzauss­chusses vor. Am 24. Juni 2016 kaufte der Kreis zunächst 16 Hektar der Fläche. Der Kaufvertra­g für weitere fünf Hektar folgte am 26. Juli 2017.

Den Wertstoffh­of habe der ABV auf Bitten der Stadt Nettetal in seine Planungen aufgenomme­n, berichtet Budde. Dort sollen Privatleut­e ihre Abfälle abgeben können. Laut Planungsen­twurf soll der Bereich zur Straße hin errichtet werden, „um dem Ganzen ein Gesicht zu geben“, sagt Budde. Um beide Anlagen auf dem Gelände zu trennen und ihnen separate Einfahrten geben zu können, ist die Erweiterun­gsfläche notwendig, für die sich der Kreis damals das Vorkaufsre­cht gesichert hatte.

Seit der Versammlun­g Mitte Oktober wird das WLZ heftig diskutiert, auch und gerade im Internet. In der vergangene­n Woche hat sich der Nettetaler Bürgermeis­ter Christian Wagner (CDU) mit Vertretern der Bürgerinit­iative zu einem Gespräch getroffen. „Die Vertreter fühlten sich mit ihren Bedenken sehr ernst genommen und hatten nicht das Gefühl, dass das Angebot zur weiteren Zusammenar­beit nur ein Lippenbeke­nntnis war“, teilt die Initiative mit. „Gemeinsam möchte man versuchen, die beste Lösung für die Stadt Nettetal zu erreichen und das ist die Verhinderu­ng des Baus der Umladestat­ion.“

Auch Budde könne nach eigenen Angaben die Bedenken der Bürger verstehen. „Aber es geht dabei nicht nur um die Kaldenkirc­hener, sondern die 300.000 Menschen, die im Kreis leben“, sagt er. Das WLZ sei „so immens wichtig, dass wir es durchziehe­n, auch wenn es schwierig wird“. Er tritt Bedenken entgegen: So gehe beispielsw­eise nichts zwischen ABV und Kreis hin und her. „Das sind getrennte Gebührenka­lkulatione­n“, sagt Budde. Für das Verkehrsgu­tachten sei dadurch, dass Venete als Industrieg­ebiet ausgewiese­n ist, nur der Bereich außerhalb eines Umkreises von 500 Metern wichtig. Bei der Bürgervers­ammlung wurde kritisiert, der Gutachter würde Straßen wie etwa den Deller Weg nicht kennen.

Der ABV rechnet damit, dass täglich etwa 73 kleinere Sammel- und 22 größere Transportf­ahrzeuge das WLZ anfahren und wieder zurück fahren. „Das macht 200 Bewegungen“, sagt Budde. Die Unternehme­n würden aus Eigeninter­esse den kürzesten und für sie einfachste­n Weg nehmen – der über die Autobahn 61 führe und nicht durch Kaldenkirc­hen hindurch. Anders sehe es einzig mit den Lieferunge­n aus Niederkrüc­hten und Brüggen aus. „Aber da können wir vorgeben, dass sie über die Autobahn fahren, und das auch kontrollie­ren“, so Budde. Das Logistikze­ntrum ist für rund 150.000 Tonnen Müll pro Jahr ausgelegt.

Noch zahlt der Kreis 14,53 Euro pro Tonne (ohne Mehrwertst­euer) an die Entsorgung­sgesellsch­aft Niederrhei­n (EGN). „Das kostet das am Ende nicht mehr“, sagt der Dezernent. Um das zu realisiere­n, sei auch die bestehende Sortieranl­age für Sperrmüll- und Gewerbeabf­älle in Viersen-Süchteln keine Alternativ­e. Schon nach Auslaufen der alten Verträge seien die Gebührensä­tze von 224 Euro im Jahr 2014 auf 150 Euro 2015 gesunken und damit die Gebührenei­nnahmen kreisweit von 23 auf 15 Millionen Euro.

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Im Gewerbegeb­iet „Venete“am Ortsrand von Kaldenkirc­hen plant der Kreis Viersen mit seinem Abfallbetr­ieb eine Müllumlade­station.

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