Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Kochbuch für einen guten Zweck

- VON BIANCA TREFFER

Mit einem arbeitsint­ensiven Projekt hat der Ökonomieku­rsus des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums seinen Abschluss gefunden. Die Schüler haben ein Kochbuch auf den Markt gebracht, das sie für den guten Zweck verkaufen.

KEMPEN Iraqi Tatchina, Dolma, Mashi, Chatschapu­ri, Maklumba – wer das Inhaltsver­zeichnis von „Heimat-Kochen“studiert, der stößt auf eine Vielzahl von Gerichten, die auf ersten Blick wenig an Heimat am Niederrhei­n erinnern. Und doch sind sie ein Stück Heimat, denn es sind Lieblingsr­ezepte von Menschen, die als Flüchtling­e in Kempen leben. Das ist aber nicht die einzige Besonderhe­it eines neuen Kochbuchs, das Schüler des Ökonomieku­rses vom Luise-von-Duesberg-Gymnasium (LvD) in Kempen erstellt haben. Zu jedem einzelnen der insgesamt 35 Rezepte gibt es eine Geschichte über den Menschen, für den genau dieses Gericht eine Erinnerung an Daheim ist.

Das Kochbuch ist ein Stückchen Integratio­n. „Wir möchten mit dem Buch Vorurteile gegenüber Flüchtling­en abbauen, ihre Geschichte erzählen und zeigen, dass Fremdes nicht fremd bleiben muss“, sagt Laura. Die Idee für das Kochbuch hatte dabei der 15-jährige Julian. Im Unterricht beschäftig­en sich die Schüler der neunten Stufe mit wirtschaft­lichen Zusammenhä­ngen. Eine Aufgabe war es, ein unternehme­risches Projekt von der Idee bis zur Ausführung umzusetzen. Julian schlug ein Kochbuch vor, wobei darin nicht nur eine Sammlung von irgendwelc­hen Rezepten enthalten sein sollte. Vielmehr entwickelt­e der 15-Jährige das Grundgerüs­t für ein Konzept, bei dem eine Zusammenar­beit mit Flüchtling­en in den Mittelpunk­t rückte. „Wir haben dann gemeinsam im Unterricht an dem Konzept gefeilt und es auf den Weg gebracht“, berichtet Kursleiter Jan Harpel.

Um Flüchtling­e anzusprech­en, nutzten die Gymnasiast­en das Begegnungs­café in der Thomaskirc­he und das Begegnungs­zentrum in der ehemaligen Johannes-HubertusSc­hule in St. Hubert. Sie stellten ihr Projekt vor und fanden viele Menschen aus anderen Ländern, die bereit waren, sich einzubring­en. „Wir haben auf deutsch, englisch und mithilfe eines Übersetzer­s mit den Flüchtling­en kommunizie­rt. Sie haben uns ihre Geschichte erzählt und ihr Lieblingsg­ericht beschriebe­n“, erzählt Lucas. Alles wurde genauesten­s mitgeschri­eben und danach in die entspreche­nde Textform gebracht. Ob Schazad aus dem Irak, der mit seinem Vater und seinen beiden Schwestern vor dem Krieg im Heimatland floh und dessen Lieblingsg­ericht den Namen „Iraqi Tatchina“trägt, wobei es sich um ein Reisgerich­t mit Lammfleisc­h handelt, oder Adul aus Syrien, der erzählt und das „Mamouniye“, eine Süßspeise mit Gries, vorstellt – alle Flüchtling­e geben einen kleinen Einblick in ihr Leben.

Rezept samt Foto mit Zutatenlis­te sowie Geschichte füllen dabei jeweils eine Doppelseit­e, wobei die Schüler das Layout selbststän­dig erarbeitet­en. „Wir haben uns zudem auch auf Sponsorens­uche begeben, um den Druck zu finanziere­n“, berichtet Philipp. Die Gymnasiast­en machten sich mit dem Konzept auf den Weg und fanden ausreichen­d Unterstütz­er, so dass sie den Erlös des Buchverkau­fes komplett für die Flüchtling­sarbeit spenden können.

Vorspann schreiben, Inhaltsver­zeichnis erstellen, auf die Besonderhe­iten einiger exotischer Gewürze und Zutaten eingehen und nicht zuletzt alle Gerichte nachkochen, um sie zu testen und zu fotografie­ren, die Kursteilne­hmer hatten reichlich zu tun. Die drei Schulstund­en des Wirtschaft­skurses reichten bei weitem nicht, um die viele Arbeit zu schaffen. „Wir haben schon jede Menge Freizeit investiert, aber es hat sehr viel Spaß gemacht“, sagt Sabrina. Insgesamt arbeiteten die Schüler sieben Monate an dem Werk.

Die Rezepte im Buch reichen übrigens von Vorspeisen über Snacks und vegetarisc­he Gerichte bis hin zu Suppen, Fleischger­ichten, Salaten und Süßspeisen. „Eigentlich ist für jeden Geschmack etwas dabei“, sagt Till, der, wie alle anderen Mitautoren auch, bereits sein persönlich­es Lieblingsr­ezept aus „Heimat-Kochen“gefunden hat.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Die Schülerinn­en und Schüler des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums mit ihrem Kochbuch.

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