Rheinische Post Krefeld Kempen

Caritas fordert mehr Qualifizie­rung von Alleinsteh­enden

- VON JOACHIM NIESSEN

5566 Frauen sind in Krefeld arbeitslos gemeldet. Davon haben 60 Prozent keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung.

Langzeitar­beitslose Frauen in Krefeld haben es schwerer als Männer, beruflich Fuß zu fassen. Das hängt vor allem mit fehlenden berufliche­n Qualifikat­ionen und der Betreuung der Kinder zusammen. Das geht aus dem Arbeitslos­enreport der Freien Wohlfahrts­pflege Nordrhein-Westfalen hervor.

In Krefeld waren im September genau 5566 Frauen arbeitslos gemeldet. 49 Prozent von ihnen waren langzeitar­beitslos. Wie aus dem Arbeitslos­enreport weiter hervorgeht, waren 20 Prozent von ihnen – das sind 1138 aller arbeitslos­en Frauen in Krefeld – alleinerzi­ehend und mussten bei der Arbeitssuc­he die Betreuung von einem oder mehreren Kindern alleine organisier­en. „Wenn das nicht klappt, drohen diese Frauen mit ihren Kindern in Ar- mut zu geraten – jetzt und auch später bei der Rente“, sagt Diözesanca­ritasdirek­tor Burkard Schröders. Daher sei es notwendig, in Krefeld weitere Betreuungs­plätze für Kinder zu schaffen. „Das müsste so geschehen, dass die Frauen auch die Möglichkei­t haben, Arbeiten anzunehmen, deren Anfangs- und Endzeiten außerhalb der bislang üblichen Öffnungsze­iten für Einrichtun­gen der Kinderbetr­euung liegen“, so Schröders.

Roman Schlag, Fachrefere­nt für Arbeitsmar­ktfragen beim Caritasver­band, fordert Rahmenbedi­ngungen, die es auch alleinerzi­e- henden Frauen ermögliche­n, fehlende Qualifikat­ionen nachzuhole­n. Dazu gehöre auch die flexible Kinderbetr­euung. Von den 5566 arbeitslos­en Frauen in Krefeld zum Beispiel hatten im September rund 60 Prozent keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. „Dieses Bildungs- und Fachkräfte­potential können wir nicht länger brachliege­n lassen. Wir brauchen mehr Möglichkei­ten der Ausbildung in Teilzeit oder in Modulen. Denn gute berufliche Qualifikat­ion soll Frauen vor prekären Arbeitsver­hältnissen schützen“, erklärt Schlag.

Aus dem Arbeitslos­enreport der Freien Wohl-

Burkard Schröders fahrtspfle­ge geht ebenfalls hervor, dass in Krefeld der Frauenante­il an arbeitsmar­ktpolitisc­hen Fördermaßn­ahmen von Jobcenter und Arbeitsage­ntur erhöht werden muss. Gesetzlich vorgeschri­eben ist eine Mindestbet­eiligung von Frauen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmar­ktpolitik, die mindestens ihrem Anteil an den Arbeitslos­en und ihrer relativen Betroffenh­eit von Arbeitslos­igkeit entspricht. Bei einem Frauenante­il von 45 Prozent an allen Arbeitslos­en in Krefeld liegt der Frauenante­il in den Maßnahmen der Agentur für Arbeit bzw. Jobcentern allerdings nur bei 42 Prozent.

Gegenwärti­g sind laut Arbeitslos­enreport NRW mehr als 156.000 Frauen in NRW trotz Arbeit als so genannte Aufstocker auf aufstocken­de Hartz-IV-Leistungen angewiesen. „Damit tragen Frauen ein doppeltes Risiko: Zum einen zahlen sie weniger oder gar nicht in die sozialen Sicherungs­systeme ein und sind deshalb von Altersarmu­t bedroht, zum anderen führt die Beschäftig­ung in Minijobs oft in berufliche Sackgassen und verbaut ihnen langfristi­g den Weg in existenz- und alterssich­ernde Arbeit“, ergänzt Roman Schlag. In Krefeld lag der Frauenante­il an allen Aufstocker­n mit 2895 bei 53 Prozent. „Wer die drohende Armutsspir­ale durchbrech­en möchte, braucht auch eine gleichstel­lungsorien­tierte Familien- und Arbeitsmar­ktpolitik“, sagt Diözesanca­ritasdirek­tor Schröders. Dazu gehöre, stärker in berufliche Qualifizie­rung von arbeitslos­en Frauen zu investiere­n, mehr flexible Kinderbetr­euungsmögl­ichkeiten vor Ort zu schaffen und an die Lebensreal­itäten von Alleinerzi­ehenden angepasste Teilzeitau­sbildungen anzubieten.

„Wir brauchen eine gleichstel

lungsorien­tierteFami­lienund Arbeitsmar­ktpolitik“

Diözesanca­ritasdirek­tor

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