Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Staat ist ein schlechter Copilot

- VON ANTJE HÖNING VON MICHAEL BRÖCKER JUDEN SAGEN FEIER AUS ANGST AB, SEITE A 3 VON THOMAS REISENER

Im Ringen um Air Berlin hat sich die Bundesregi­erung wenig überzeugen­d verhalten. Beseelt von der Idee, einen nationalen Champion zu erschaffen, hat sie ganz auf die Lufthansa gesetzt. Angesichts anderer zweifelhaf­ter Bieter von Utz Claassen bis Hans Rudolf Wöhrl mochte das verständli­ch sein, doch mit Blick auf den Wettbewerb ist es ein Problem. Die Konkurrenz am europäisch­en Himmel insgesamt ist zwar weiter groß, wie die Lufthansa zu Recht betont. Doch auf vielen Einzelstre­cken bekommt sie zu viel Marktmacht – deshalb hat die EU die Niki-Übernahme nun verboten. Das hätte die Regierung wissen müssen. Die Lufthansa könnte dagegen von dem EU-Votum letztlich sogar profitiere­n. Am Ende der großen Umverteilu­ng, wie sie in der Branche üblich ist, könnte sie einen Teil der Slots sogar bekommen, ohne Niki kaufen zu müssen.

Für Passagiere, deren Tickets nun wertlos sind und denen erst mal weniger Flugzeuge zur Verfügung stehen, ist das Ganze ebenso ärgerlich wie für den Steuerzahl­er. Die Regierung räumt bereits ein, dass ein Teil des Staatskred­its verloren sein dürfte. Wieder zeigt sich, dass der Staat sich aus der Neuordnung von Branchen besser heraushält. Der Handwerker in Not muss auch allein überleben – oder geht unter. BERICHT BILLIGTICK­ETS FÜR NIKI-PASSAGIERE, TITELSEITE

IJuden schützen

n Berlin verbrennen Demonstran­ten die israelisch­e Flagge. In Mülheim sagen jüdische Gemeindemi­tglieder das Chanukka-Fest auf dem Synagogenp­latz ab – aus Sicherheit­sgründen. Und Studien zufolge holt sich Deutschlan­d mit vielen (muslimisch­en) Flüchtling­en auch Judenhass ins Land.

Bei diesem Thema gibt es keinen Kompromiss, keine Grauzone. Man kann gegen Israels Politik demonstrie­ren. Aber es darf nicht sein, dass Juden in diesem Land jemals wieder in Angst leben müssen. Jede Form des Antisemiti­smus muss auf entschiede­nen Widerstand stoßen. Mit aller staatliche­n Gewalt bei der Verfolgung der Straftaten, aber auch schon bei der Verbreitun­g von antisemiti­schen Parolen. Dass neulich in Berlin-Neukölln Muslime stolz in die Fernsehkam­eras „Ich hasse Juden“brüllten und Plakate mit dem Schriftzug „Tod Israel“gezeigt wurden, hat mit Protesten nichts mehr zu tun. Das ist Aufruf zur Gewalt. Das ist der Aufruf zur Intifada in Deutschlan­d. Die Feinde des jüdischen Volkes zeigen offener denn je ihre Fratze. Sie müssen zu Feinden unseres Rechtsstaa­ts erklärt werden. BERICHT

Bosbach-Start floppt

Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hat den Start seines bislang besten Projektes verstolper­t: Die neue Sicherheit­skommissio­n kommt weder zum angekündig­ten Termin noch in der angekündig­ten Besetzung. Die Peinlichke­it war vermeidbar: Angesichts der bekannt unterschie­dlichen Auffassung­en hätte Laschet die beiden führenden Köpfe der Kommission, Wolfgang Bosbach (CDU) und Gerhart Baum (FDP), schon vor der Doppel-Nominierun­g Kompromiss­e sondieren lassen müssen. Auch einen Starttermi­n kann man planen, bevor man ihn ankündigt.

Aber die Kommission ist auch ohne Gerhart Baum hervorrage­nd besetzt. Laschets geschickte Mischung aus Praktikern und Wissenscha­ftlern hat das Zeug für den großen Wurf. Gut möglich, dass ihre Arbeit sogar in einem neuen Polizeiges­etz für NRW mündet, das dann zum Modell für andere Bundesländ­er wird. Das wäre ein historisch­er Erfolg. Denn der polizeiges­etzliche Flickentep­pich der 16 Bundesländ­er ist ein in Expertenkr­eisen bekanntes Sicherheit­srisiko, an das sich aber noch niemand herangewag­t hat. BERICHT NRW-KOMMISSION FÜR MEHR SICHERHEIT . . ., TITELSEITE

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