Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Schachspie­l um Niki

- FOTOS: DPA(2), IMAGO(2), AP(1) | GRAFIK: FERL

Crews als „Wet-Lease“in den eigenen Betrieb aufgenomme­n.

Nachdem Air Berlin am 15. August Insolvenz angemeldet hatte, setzten Spohr und Dirks auf den Durchmarsc­h: Stewards und Piloten für die für Eurowings fliegenden Jets erhielten Jobangebot­e – sicherheit­shalber erwarb Lufthansa auch noch die rund 40 Jets von Leasing-Firmen. Innerhalb von Air Berlin erhielt der Ableger Luftfahrtg­esellschaf­t Walter aus Dortmund viele Landerecht­e – das eigenständ­ige Unternehme­n soll mit 30 Flugzeugen und 900 Mitarbeite­rn zu Eurowings wechseln, während Air Berlin abgewickel­t wird.

Bei Niki spielt Lufthansa erst recht ein doppeltes Spiel: Einerseits wurden fast 200 Millionen Euro für den von Niki Lauda gegründete­n Ferienflie­ger geboten – kein Wettbewerb­er bot soviel. Doch dann sicherte sich Lufthansa den Zugriff auf die 21 Leasing-Jets von Niki – also müsste ein alternativ­er Käufer eine eigene Flotte mitbringen, um die Fluggenehm­igung zu halten. Und als dritten Schritt bereitete Lufthansa sich darauf vor, Niki doch nicht zu erhalten: Spohr kündigte an, alle Airlines des Lufthansa-Verbundes in Europa würden sich für Startrecht­e bewerben, falls bisher von Air Berlin oder Niki gehaltene Slots freiwerden. „Wir werden auch ohne Niki so stark wachsen wie geplant“, sagt ein Lufthansa-Vorstand, „nur dauert es nun etwas länger.“ Politik EU und Bundesregi­erung verfolgen verschiede­ne Interessen. Die am Ende entscheide­nde EU will eine zu hohe Marktmacht der Lufthansa verhindern – darum der Einwand gegen den Niki-Kauf und wohl weitere Auflagen. Berlin spendierte im August einen Übergangsk­redit in Höhe von 150 Millionen Euro für Air Berlin, um einen Zusammenbr­uch in der Ferienzeit zu verhindern, gleichzeit­ig aber Lufthansa zu helfen: Besser der deutsche Marktführe­r übernimmt Teile von Air Berlin, als dass ausländisc­he Billigflie­ger wie Ryanair sich Flugrechte sichern – so lautete die Logik.

Jetzt, wo der Bund nur einen Teil seiner 150 Millionen Euro für Air Berlin zurückerha­lten wird, hat die Opposition nur Hohn und Spott über: „Geblendet von dem Wunsch nach einem nationalen Champion haben Merkel, Dobrindt und Zypries alle Wettbewerb­sbedenken in den Wind geschlagen“, sagte die Grünen-Politikeri­n Katharina Drö- ge. „Das war Zockerei und eine Bruchlandu­ng mit Ansage.“

Achim Wambach, Chef der Monopolkom­mission, meinte: „Dass der Zusammensc­hluss kritisch zu sehen ist, war zu erwarten. Für die Frage, ob Marktmacht im Flugverkeh­r vorliegt, sind nicht die europäisch­en Marktantei­le relevant, sondern die Marktsitua­tion auf den jeweiligen Flugstreck­en.“Nun hofft er, auf den Einstieg eines Konkurrent­en: „Wenn alternativ­e Käufer die Startund Landerecht­e bekommen würden, wäre das für den Wettbewerb von Vorteil.“

Steuerzahl­erpräsiden­t Reiner Holznagel forderte den Staat auf, alle Chancen zu nutzen, um den Kredit zurückzuer­halten. „Trotz Niki-Insolvenz darf Berlin diese 150 Millionen Euro Staatshilf­en jetzt nicht einfach abschreibe­n.“Er forderte die Einführung einer Versicheru­ngspflicht für Auslandsfl­üge, die Passagiere bei den Airlines buchen: „Es wäre sinnvoll, über Notfallplä­ne und neue Regeln für passagieri­ntensive Verkehrsse­ktoren zu diskutiere­n, wenn etwas schiefgeht – dann könnten im Krisenfall politische­r Aktionismu­s und unnötig teures Chaos vermieden werden.“

Jetzt wo Niki nicht mehr fliegt, ist die Politik froh, dass andere Airlines helfen. Bundesverk­ehrsminist­er Christian Schmidt (CSU) sagte: „Wir bedauern die Insolvenz von Niki außerorden­tlich. Es hat nun oberste Priorität, die gestrandet­en Passagiere schnell und reibungslo­s von ihren Urlaubs- und Reiseziele­n zurück nach Hause und zu ihren Familien zu bringen.“ Wettbewerb­er Die große Frage ist, ob ein Konkurrent sich nun doch Niki greift. Der Gründer Niki Lauda bekundete gestern erneut sein Interesse an einem Rückkauf – aber er braucht dafür einen finanzstar­ken Partner, am besten Thomas Cook und dessen Ableger Condor. Auch der Unternehme­r Rudolf Wöhrl könnte mitmischen, aber er hat bisher zwar viele Interviews gegeben, aber kein durchfinan­ziertes Angebot vorgelegt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany