Rheinische Post Krefeld Kempen
H&M-Krise: Internet ist auch eine Chance
Natürlich kann man sich als Einzelhändler hinter dem Argument verstecken, am Elend in Teilen der Branche seien immer nur die bösen Online-Händler Schuld, die das Geschäft in den Innenstädten zerstörten. Erstens ist das aber wenig zukunftsträchtig, weil sich das Internet sicher nicht in Luft auflösen wird. Und zweitens ist der wachsende Online-Handel auch nur ein Teil des Problems.
Dass die traditionellen Textilfilialisten in die Mühlen zwischen Internet-Königen wie Amazon und Co. auf der einen und Discountern wie Primark auf der anderen Seite geraten, ist keine neue Erkenntnis. Es kommt darauf an, was man aus der Not macht. Sich mit Internet-Riesen zu verbünden und deren Infrastruktur als Verkaufsplattform zu nutzen, ist eine Möglichkeit. Dem Kunden in den Filialen ein straffes und übersichtlich dargebotenes Sortiment zu bieten, so dass er nicht durch die Niederlassung irrlichtern muss, ein anderes. Letzteres hat H&M an vielen Stellen versäumt. Und natürlich kann man vom Kunden mehr Geld verlangen als die Discounter. Dann muss die Qualität aber auch besser sein. Sonst ist man als vermeintlicher Kultanbieter irgendwann unglaubwürdig. BERICHT MODEHÄNDLER H&M SCHLIESST FILIALEN, TITELSEITE
Farbe bekennen
Martin Schulz ist im Begriff, seine Partei auf einen riskanten Kurs zu manövrieren. Kommt die große Koalition, könnte der linke Flügel mit Schulz brechen. Wird eine große Koalition verhindert, kommen nur noch instabilere Modelle wie die Kooperationskoalition oder eine Minderheitsregierung in Betracht. Das wiederum könnte für Schulz bei fast absehbaren Neuwahlen bedeuten, dass er sein Amt räumen müsste. Gleichzeitig bleibt ihm nur dieser eine Kurs. Schulz, unter Druck gesetzt von einem Teil seiner eigenen Leute und nicht zuletzt vom Bundespräsidenten, darf sich Gesprächen mit der Union nicht länger verweigern. Die Beschlüsse sind da. Das Land und Europa warten auf eine neue Bundesregierung.
Wie kaum zuvor in seiner politischen Karriere benötigt Schulz nun all sein Verhandlungsgeschick, um mit seinem Sondierungsteam genug Punkte für die SPD zu sammeln. Doch dazu muss er endlich Farbe bekennen. Alle ahnen, dass er für die große Koalition ist. Auch die Unionsseite ahnt das oder weiß es gar schon. Und sie wird Schulz nun ebenfalls unter Druck setzen, klare Ansagen zum Verhandlungsziel zu machen. BERICHT SPD WILL ÜBER GROSSE KOALITION REDEN, TITELSEITE
VWs Aufarbeitung
Die Studie zu den Verstrickungen von Volkswagen mit der Militärdiktatur in Brasilien wirft kein rühmliches Bild auf den Wolfsburger Konzern: Manager, die frohlockten, als das Regime die Gewerkschaften de facto mundtot machte, die kalt akzeptierten, dass politische Gegner gefoltert oder gar getötet wurden, „damit es vorwärts geht“. Dazu ein Werksschutz, der mit der Politischen Polizei kooperierte und die eigenen Kollegen bespitzelte. Ein KZ-Kommandant, der unbehelligt in der Instandsetzungsabteilung arbeiten durfte. Dazu noch der Verdacht, den Folterern kostenfreie Fahrzeuge zur Verfügung gestellt zu haben.
Volkswagen ist nicht der Versuchung erlegen, irgendetwas zu beschönigen. Der Konzern hat dem Wissenschaftler Christopher Kopper genügend Freiraum gegeben, wohl wissend, dass nur eine schonungslose Aufklärung einen weiteren Imageschaden abwenden kann. Es wäre wünschenswert, wenn der deutsche Autobauer ähnlich offensiv mit Verfehlungen aus der jüngeren Unternehmensgeschichte umgehen würde. BERICHT