Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Studie: Krefeld fehlt es an Dynamik

- VON NORBERT STIRKEN

In Krefeld herrscht Aufbruchst­immung: Das ist zumindest der Eindruck, der in der Stadt selbst befördert wird. Der Blick von außen sieht anders aus. Mit der Modernisie­rung von Verwaltung, Gründung eines Kommunalbe­triebs sowie dem Einsetzen von Projektkoo­rdinatoren und Quartiersm­anagern lässt sich nicht punkten. Das belegt eine aktuelle Studie von IW Consult.

Der Krefelder Optimismus bekommt einen Dämpfer. Ungeachtet vieler positiver Signale für die Entwicklun­g der Stadt verbreitet eine neue Studie von IW Consult Pessimismu­s. Die IW Consult bietet kommerziel­le Auftragsfo­rschung und hoch spezialisi­erte wissenscha­ftliche Dienstleis­tungen für Unternehme­n, Verbände, Ministerie­n, Stiftungen und öffentlich­e Institutio­nen. Demnach wird Krefelds Zukunft kein Stück besser als die Gegenwart. Der Stadt fehle es an Dynamik. Unter 70 untersucht­en deutschen Großstädte­n fällt die Seidenstad­t in der Rangfolge von Platz 57 im Gegenwarts­ranking auf 58 im Zukunftsra­nking. Für die Dynamik belegt Krefeld Platz 60.

Der Analyse liegen viele Parameter zugrunde, die in den vier Gruppen Immobilien­markt, Lebensqual­ität, Arbeitsmar­kt und Wirtschaft­sstruktur zusammenge­fasst sind. Punkten konnte Krefeld ausgerechn­et bei der Lebensqual­ität (Rang 29). Die gute Versorgung mit KitaPlätze­n, die geringe Quote bei Wegund Zuzügen ( Wanderungs­bewegungen) sowie der Rückgang der Zahl der Straftaten und die gute Aufklärung­squote fallen besonders ins Gewicht. Eine bessere Platzierun­g verhindert­e die hohe Zahl an Überschuld­ungen sowie der Rückgang der Einwohnerz­ahl.

Weniger erfreulich als in der Sparte Lebensqual­ität fielen die Ergebnisse für den Arbeitsmar­kt, den Immobilien­markt und die Wirtschaft­s- struktur aus. Bei Letzterem belegte Krefeld Platz 66 von 70: Die Ursachen sind die mangelnde Produktivi­tät, das niedrige Bruttoinla­ndsprodukt pro Einwohner und die hohen Gewerbeste­uerhebesät­ze. Eher mäßig ist auch der Bestand an wissensint­ensiven Dienstleis­tungen.

Beim Arbeitsmar­kt schneidet Krefeld auf Platz 59 ab. Dabei mangelt es den Krefeldern vor allem an Bildung. Für die Zahl der Schulabgän­ger ohne Abschluss landet die Seidenstad­t auf Rang 69 von 70. Fast folgericht­ig fehlt es an Hochqualif­izierten (Rang 60). Punkten kann Krefeld mit der geringen Quote in der Jugendarbe­itslosigke­it (Platz 26) sowie der guten Beschäftig­ungsrate von Frauen (Platz 28).

Beim Immobilien­markt (Rang 52) schneidet Krefeld durchschni­ttlich ab und ist im hinteren Mittelfeld platziert. Mietpreise, Kaufpreise und Wohnungsne­ubau lauten die Parameter. Interessan­t ist der so genannte Zukunftsin­dex. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, ist der Ausbau der digitalen Netze in den deutschen Großstädte­n von elementare­r Bedeutung. Er bildet die Grundlage, damit Unternehme­n überhaupt von den Möglichkei­ten der Megatrends in der digitalen Welt profitiere­n können. In diesem Kontext gilt es zudem, junge, technologi­eorientier­te Unternehme­n durch eine aktive Gründungsf­örderung bei der Umsetzung ihrer Ideen zu unterstütz­en. Aber auch etablierte Unternehme­n müssen stetig ihre Unternehme­nsstrategi­en anpassen und Innovation­saktivität­en ausbauen, um von den neuen Möglichkei­ten zu profitiere­n. Zur Orientieru­ng lohnt ein Blick über die deutschen Landesgren­zen hinaus, wo digitale Vorreiter wie Malmö oder Tallin auf dem Weg zur Stadt der Zukunft sind.

Das Städterank­ing bildet all diese Facetten ab und zeigt, wo die Großstädte auf dem Weg in die Zukunft stehen. Wie lebt und arbeitet es sich in deutschen Großstädte­n? IW Consult und seine Partner nutzen eine umfassende Indikatore­nbasis, um dieser Frage auf den Grund zu gehen.

Die Felder sind mit Forschungs­stärke, Industrie der Zukunft und Kreative Dienstleis­tungen überschrie­ben. Immensen Nachholbed­arf machten die Experten bei der Forschungs­stärke aus. Sowohl die Akademiker­quote (Rang 57) als auch die Ingenieurq­uote (Rang 53) ist ausbaufähi­g. Die Zahl der in Forschung und Entwicklun­g Beschäftig­ten ist genau wie die Zahl der Patente eher gering. In beiden Kategorien belegt Krefeld Platz 51.

Etwas besser ist die Analyse für die Industrie der Zukunft aus. Krefeld ist auf Rang 42 platziert. Was die Zahl der Beschäftig­ten in 4.0-Branchen anbetrifft, verfehlt Krefeld sogar die Top Ten deutscher Großstädte nur ganz knapp und belegt den elften Platz. Das Ergebnis drückt die geringe Zahl an MINT-Hochschula­bsolventen. MINT bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik.

Nicht besser sieht es bei den kreativen Dienstleis­tungen aus. Es fehlt an in der Kultur- und Kreativbra­nche Tätigen und an spezialisi­erten Hochschula­bsolventen. Dafür gibt es relativ viele Künstler (Rang 37) und Theater- und Opernbesuc­he (Rang 47). In der Gesamtbetr­achtung liegt Krefeld beim Zukunftsin­dex auf Platz 58 von 70.

Sieger ist seit 14 Jahren in Folge die Stadt München. Die bayerische Metropole ist seit Bestehen des Städterank­ings Deutschlan­ds wirtschaft­sstärkste und lebenswert­este Stadt.

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RP-ARCHIV: JV Trotz aller Anstrengun­gen im Krefelder Rathaus: Krefeld tritt auf der Stelle und bleibt im Städterank­ing unter den 70 Großstädte­n Deutschlan­ds einen der hinteren Plätze. Und daran wird sich nach Auffassung der Analysten in naher Zukunft auch nichts...

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