Rheinische Post Krefeld Kempen
Seelsorger der Besten
Der Gevelsberger Thomas Weber (57) ist evangelischer Olympiapfarrer. Er erzählt, was Spitzenathleten beschäftigt, warum Leistungssport für Trainer ein Beziehungskiller sein kann und wie er die jüngste Strafe für Russland findet.
GEVELSBERG Und dann erzählt Thomas Weber die Geschichte von der Athletin, die Weihnachten mal Gottesdienstbesuche auf Vorrat sammelte. Die Geschichte ist ihm wichtig. „Mir hat mal eine Sportlerin schmunzelnd erzählt, das mit ihrer Konfirmation sei gar nicht so einfach gewesen. Denn der Pfarrer hätte ihr gesagt, er könne sie nur konfirmieren, wenn sie eine gewisse Anzahl von Gottesdienstbesuchen nachweise. Weil sie an den Wochenenden aber nun mal ihre Wettkämpfe hatte, ist sie dann in einem Jahr über Weihnachten sieben Mal im Gottesdienst gewesen und hat Unterschriften als Nachweise gesammelt“, erzählt Weber. „Das sagt mir, dass wir als Kirche mit Blick auf Sportler nicht einfach sagen können, kommt ihr mal zu uns. Nein, wir müssen auch im Sport selbst präsent sein.“Weber ist präsent im deutschen Leistungssport. Der 57Jährige ist seit 2006 Olympiapfarrer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Als andere nicht wollten, wurde er gefragt. Und wollte. Also fuhr er zu den Winterspielen nach Turin. Und seitdem zu allen Olympischen Spielen, im Februar geht es nach Pyeongchang. Weber ist Olympiaseelsorger mit Leib und Seele. „Aber ich bin mit Leib und Seele auch Gemeindepfarrer“, sagt er. In Gevelsberg. An der Basis. Bei denen, die sich als Zuschauer für Sport begeistern sollen. „Den Eindruck einer Glaubwürdigkeitskrise im Sport kann ich voll und ganz bestätigen. Viele meiner Gemeindemitglieder sagen zum Beispiel, sie gucken sich
Die gnädige Frau, meine innigst geliebte Hausgenossin, ist eine Markengefährtin von Nico Hülkenberg. Sie steuert eine Art Kastenwagen namens Kangoo (75 PS, Höchstgeschwindigkeit 153 km/h). Den bevorzugte sie einst wegen des üppigen Laderaums und des erhabenen Panoramablicks.
Rasen ist nicht ihr Ding, das überlässt sie anderen. Zum Beispiel Nico Hülkenberg. Der muss ja nur sich selbst transportieren, und zwar so schnell wie möglich bis ins Ziel. Dafür stellt ihm der Automobilkonzern Renault einen Werkswagen mit dem Namen R.S.17 und einer Leistung von mehreren hundert PS, die ein atemraubendes Tempo von 300 km/h und mehr generieren, zur Verfügung. Schließlich soll der flotte Nico ja im Formel-1-Zirkus aller das alles gar nicht mehr im Fernsehen an“, erzählt Weber. Da müsse ein Selbstreinigungsprozess her – um des Sports willen. Und da findet er die jüngste Gründung eines eigenen Athletenvereins gut, findet gut, „dass Athleten ihre Interessen stärker vertreten wollen. Denn natürlich sollen die Sportler im Mittelpunkt stehen und gehört werden, bevor sie den Eindruck gewinnen, sie seien nur Mittel zum Zweck“.
Weber hat zwei Themenbereiche ausgemacht, über die Olympiateilnehmer immer wieder mit ihm sprechen wollen. „Die Gedanken, die die Athleten als junge Menschen umtreiben und mir gegenüber äußern, betreffen in erster Linie die eigene Laufbahn. Wie kann ich vom Sport leben? Was passiert, wenn ich mich verletze? Was passiert nach der Karriere? Die Gedanken von Trainern und Funktionären betreffen dagegen oft das Private. So ist das Zerbrechen von Partnerschaften ein großes Problem im Sport. Wenn man das ganze Jahr unterwegs ist, wie soll man da ein funktionierendes Familienleben führen?“
Zweifelsohne ist aber auch Doping ein großes Thema. Auch in den Gesprächen, die Weber mit Athleten führt. „Ich kann verstehen, wenn viele Sportler hier in Deutschland den Eindruck haben, ihre Leistung geht in der generellen Dopingdiskussion völlig unter. Da gilt inzwischen ein Pauschalverdacht.“Es ist ein Pauschalverdacht, den nicht zu- Welt deutlich machen, zu welch großen Taten die Marke fähig ist.
Und trotz der gravierenden Unterschiede hätte die gnädige Frau dieses Jahr in sechs von 20 Rennen besser abgeschnitten als der Emmericher. Im Gegensatz zu ihm hätte sie nämlich, wenn auch mit Verzögerung, die Zielflagge gesehen, was dem Werksfahrer wegen technischer Mängel an seinem Auto oder wegen des Totalschadens nach einer Kollision nicht vergönnt war. Letzteres nennen gestandene MotorsportJournalisten übrigens ziemlich leidenschaftslos „Kaltverformung”.
Apropos Motorsport: Unter sportlichem Wettstreit versteht man eigentlich den Wettbewerb unter gleichen Bedingungen. Der ist in der Formel 1 keineswegs gegeben. Siegchancen haben nur die Fahrer, die in letzt die immer unglaublicher klingenden Berichte über den staatlichen Dopingskandal in Russland befeuern. Das IOC schloss deshalb Russland als Nation von den Winterspielen in Südkorea aus, erlaubte aber den Start nachweislich sauberer Athleten unter neutraler Flagge. Weber begrüßt das. „Dass Russland als Nation ausgeschlossen wird, finde ich absolut richtig. Gleichzeitig sehe ich es aber auch so wie viele Athleten, dass russische Sportler, die nachweislich sauber sind, die Möglichkeit haben müssen, unter neutraler Flagge teilzunehmen. Denn in der ursprünglichen Idee der Olympischen Spiele der Neuzeit ging es ja darum, dass sich die besten Sportler aus aller Welt mit ihren den deutlich überlegenen Autos sitzen. Das sind derzeit sechs an der Zahl – zwei Mercedes, zwei Ferrari und zwei Red Bull. Der Rest ist Staffage. Man erinnere sich: Als Michael Schumacher noch mal kurzzeitig in die Formal 1 zurückkehrte, steuerte er einen Mercedes, der nach längerer Rennabstinenz noch nicht wieder konkurrenzfähig war. Der große Schumi landete nicht ein einziges Mal mehr auf dem Podest, wo zuvor sein Stammplatz gewesen war.
In einem ähnlichen Stadium befindet sich jetzt Renault. Da mögen die Experten und Konkurrenten wie Lewis Hamilton und Fernando Alonso den guten Nico Hülkenberg ob seiner Fähigkeiten noch so sehr loben – gegen die technische Überlegenheit der großen Drei ist er wie auch alle anderen Kollegen auf ver- Leistungen messen, nicht die besten Nationen. Was daraus bis heute geworden ist, ist halt ein Länderwettkampf um Medaillen“, sagt der Vater zweier erwachsener Kinder.
2016 in Rio fiel ihm und seinem katholischen Kollegen, Diakon Rolf Faymonville, eine traurige Aufgabe zu: mit dem deutschen Olympiateam den Unfalltod des Kanu-Trainers Stefan Henze zu verarbeiten. „Solch ein Trauerfall bringt natürlich auch Sportler zum Nachdenken über den Sinn des Lebens“, sagt Weber. Es gab damals auch einen speziellen Gottesdienst im Deutschen Haus. Man spüre, dass die Sportler froh sind, dass die beiden Seelsorger da seien, berichtete Weber damals.
So wie er in Südkorea da sein wird.
Mit einer Formel-1-Fahrerin unter einem Dach Niko Hülkenberg fährt in der Königsklasse des Motorsports bislang nur hinterher. Sein Auto war einfach nicht wettbewerbstauglich. Vielleicht sollte man die Wagen unter den Konkurrenten einfach mal tauschen.
lorenem Posten. Solange er nicht in einem gleichwertigen Auto sitzt, wird er niemals beweisen können, dass auch er das Zeug zu einem Siegfahrer besitzt. Vielleicht würde es ja die Formel 1 bereichern, wenn alle Fahrer reihum je einmal in jedem Auto fahren dürften. Aber das ist wohl Utopie. Das wäre zu viel der Gerechtigkeit.
Was die gnädige Frau betrifft: Sie hofft, dass ihr Kangoo noch möglichst lange durchhält. Nico Hülkenberg muss hoffen, dass sein Arbeitgeber ihm zur kommenden Saison endlich ein schnelleres und zuverlässigeres Auto hinstellt.
Jetzt haben die Franzosen ja Zeit bis März. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de