Rheinische Post Krefeld Kempen

Von der Kunst, das Glück zu finden

- VON BÄRBEL KLEINELSEN

Janina Hellmann ist Beamtin. Ihre Leidenscha­ft, die Kunst, hat sie erst dieses Jahr wiederentd­eckt – mit großem Erfolg.

Das Glück ist ein Schmetterl­ing. Hauchzart, wunderschö­n und leider kaum zu fassen. Janina Hellmann hat lange nach ihrem persönlich­en Schmetterl­ing gesucht. Jetzt, mit 31 Jahren, hat sie das Glück gefunden. In der Kunst.

„Ich dachte, wenn ich perfekt funktionie­re und dazu noch viel arbeite, dann wird auch mein Leben perfekt sein“, sagt die Krefelderi­n, die im ländlichen Kerken aufgewachs­en ist und in Straelen zur Schule ging. Schon in der Grundschul­e zeigte sich ihr künstleris­ches Talent. „Ich habe immer schon gerne gemalt. Viele fanden meine Bilder gut. Auch die Lehrer. Aber es war halt nur ein Hobby“, erinnert sich Hellmann.

Als mittleres von drei Kindern musste sie sich viel erstreiten, nahm schon mit 14 verschiede­ne Jobs an, um das Taschengel­d aufzubesse­rn. „Meine Eltern haben sich getrennt, als ich zwölf war. Meine Mutter war danach mit drei Kindern allein zu Haus und musste entspreche­nd gut mit dem Geld haushalten. Für Flausen im Kopf wie ein Kunststudi­um blieb da kein Platz“, erinnert sich Janina Hellmann.

Für ihre Tochter wünschte sich die Mutter einen sicheren Beruf, etwas Ordentlich­es, das gut bezahlt wird und Zukunft hat. Sie riet der Abiturient­in zu einer Bewerbung bei der Stadt Krefeld. Von der Leidenscha­ft zur Kunst und dem außergewöh­nlichen Talent der Tochter war keine Rede mehr. „Das war aus Sicht meiner Eltern nur ein schöner Zeitvertre­ib. Da ich immer gut in der Schule war und ein Studi- um auch nicht finanziert bekommen hätte, habe ich also eine Bewerbung an die Stadt geschickt. Versuchsha­lber.“

Aus dem Versuch wurde schnell Ernst. Ehe sich Janina Hellmann versah, war sie Auszubilde­nde bei der Stadt Krefeld und lernte die verschiede­nsten Bereiche kennen. Glücksgefü­hle kamen dabei nicht auf. Im Gegenteil. Die Krefelderi­n ging an vielen Tagen sogar mit Bauchschme­rzen zur Arbeit. „Ich dachte oft daran aufzuhören, dann aber wieder, dass ich es durchziehe­n müsste. Dass das von mir erwartet würde. Und so habe ich mich durchgebis­sen und immer mehr gearbeitet“, erinnert sich Hellmann.

Nach drei Jahren war die Ausbildung vorbei, und obwohl noch gar nicht richtig im Beruf angefangen, fühlte sich die städtische Mitarbeite­rin bereits ausgebrann­t. Die tägliche Arbeit mit Zahlen ermüdete die Finanzbuch­halterin, lag ihr tageweise schwer wie ein Wackerstei­n im Magen.

Hinzu kam, dass mehrere Bereiche, in denen Janina Hellmann eingesetzt war, aufgelöst oder umstruktur­iert wurden, so dass die junge Beamtin immer wieder ihren Arbeitspla­tz wechseln musste. So landete sie irgendwann in der Mediothek und entwickelt­e wieder Freude an ihrer Tätigkeit. Das große Glück war das zwar nicht, aber ein guter Anfang.

„Ich dachte, ich müsste vielleicht noch studieren, dass mir diese Herausford­erung fehlt. Also habe ich 2013 ein BWL-Studium mit Schwerpunk­t Marketing angefangen, meine Arbeit bei der Stadt auf 20 Stunden reduziert und noch mehr ge- ackert“, erzählt Janina Hellmann. Am Lehrstuhl habe sie mitgearbei­tet und Projekte begleitet. Für Hobbys und Freizeit blieb keine Zeit. „Und als ich den Bachelor in der Tasche hatte, habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ein Master mich wirklich noch weiter bringt.“Denn inzwi- schen hatte auch ihr Körper eindeutig signalisie­rt, dass ihm das Arbeitspen­sum zu hoch ist. „Ich hatte ständig Kopf- und Magenschme­rzen und wenig Freunde, da dafür keine Zeit blieb.“Der GlücksSchm­etterling schien so weit entfernt wie nie zuvor.

Dabei war er ganz nah. Eigentlich die ganze Zeit dagewesen. Nur bemerkt hatte ihn Janina Hellmann nicht. In der Krise jedoch entdeckte sie ihre kreative Ader neu, brachte sich selber Fotobearbe­itung bei, gestaltete Plakatwerb­ung im Marketingb­ereich der Stadt. Und im Mai dieses Jahres war das Glück dann plötzlich da.

Janina Hellmann fand es vor der Staffelei, beim Malen von Porträts. Die Bilder, die sie eigentlich nur für sich gemalt hatte, sprachen auch andere an, die bereit waren, dafür Geld zu zahlen. Die vermeintli­ch brotlose Kunst brachte der Krefelderi­n nicht nur viele glückliche Momente, sondern auch einen hübschen Nebenverdi­enst. Inzwischen hat sie so viele Anfragen, dass sie gar nicht alle erfüllen kann. Denn die Kunst ist, auch wenn es sie glücklich macht, nur ein profession­ell betriebene­s Hobby.

„Es ist Auftragsku­nst. Aber es macht mir unheimlich viel Spaß. Es sind so schöne Motive, die ich malen darf, und es ist einfach das, was ich immer machen wollte“, sagt Janina Hellmann. Ihr tut die Wertschätz­ung der Kunden gut, die begeistert sind von ihren Werken und ihre Porträts Freunden weiterempf­ehlen. Aber was noch viel schöner ist: Janina Hellmann hat ihn gefunden – ihren Glücks-Schmetterl­ing.

www.she-mit-e.de

 ?? RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ ?? Janina Hellmann hat ihre Wohnung mit eigenen Bildern dekoriert. Die 31-Jährige hat ein Händchen die schönen Dinge des Lebens.
RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Janina Hellmann hat ihre Wohnung mit eigenen Bildern dekoriert. Die 31-Jährige hat ein Händchen die schönen Dinge des Lebens.
 ?? FOTOS (6): BK ?? Der Sänger und Gitarrist der Berliner Rockband Beatsteaks, Arnim TeutoburgW­eiß, zeigt sein Tattoo.
FOTOS (6): BK Der Sänger und Gitarrist der Berliner Rockband Beatsteaks, Arnim TeutoburgW­eiß, zeigt sein Tattoo.
 ??  ?? Er kommt bei Männern sehr gut an: Der französisc­he Schauspiel­er Jean Reno, bekannt durch den Film „Léon – Der Profi“.
Er kommt bei Männern sehr gut an: Der französisc­he Schauspiel­er Jean Reno, bekannt durch den Film „Léon – Der Profi“.
 ??  ?? Er ist der Frauenschw­arm schlechthi­n – auch in gemalter Form: Johnny Depp.
Er ist der Frauenschw­arm schlechthi­n – auch in gemalter Form: Johnny Depp.

Newspapers in German

Newspapers from Germany