Rheinische Post Krefeld Kempen

Erstickter Rentner: Hohe Haftstrafe­n für Täter

- VON BIRGIT LAMEYER

Die Staatsanwa­ltschaft forderte für Mord lebenslang­e Haftstrafe­n für die Angeklagte­n. Das Gericht erkannte auf Raub mit Todesfolge. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Die Staatsanwa­ltschaft prüft, ob sie Revision beantragen soll.

Das Schwurgeri­cht hat im Prozess um den gewaltsame­n Tod des Rentners Hans Werner L. Haftstrafe­n von bis zu 14 Jahren verhängt. Die Kammer sieht den Vorwurf des Mordes allerdings als nicht bestätigt.

Es war Raub mit Todesfolge und kein Mord, so das Fazit der Urteilsbeg­ründung. Dass die fünf Angeklagte­n am Überfall auf den Rentner im Oktober 2016 beteiligt waren, stand am Ende der Beweisaufn­ahme fest. Die Täter, die zum Prozessauf­takt im Juli noch schwiegen, räumten erst nach und nach ihre Beteiligun­g an dem brutalen Überfall ein.

Die Richterin blickte zurück auf den 26. Oktober, an dem der gehbehinde­rte Rentner in seiner Wohnung an der Drießendor­fer Straße überfallen wurde. Es sei bekannt gewesen, dass der Mann Antiquität­en und Kunstgegen­stände sammelte, schilderte sie. Das sei auch der Grund für die Angeklagte­n gewesen, einen Raub zu planen. Die vier Männer und die Frau versprache­n sich eine Beute von mindestens 100.000 Euro. Den Wert der gestohlene­n Gegenständ­e – Messingfig­uren, Kreuze, siebenarmi­ge Kerzenleuc­hter und eine antiquaris­che Ausgabe Schillers – bezifferte das Gericht nicht; er betrug aber lediglich einen kleinen Bruchteil dessen, was die Täter erhofften. Der 79-Jährige besaß nämlich keine Kostbarkei­ten. Weil die Rente nicht reichte, hatte er immer wieder einige Teile versetzt. Nicht mal mehr seinen Strom konnte er immer zahlen.

Am Tattag habe Johann S. sich als Paketbote ausgegeben und dadurch den Mittätern Zutritt zur Wohnung verschafft. Er selber wartete dann im Auto. Die Mitangekla­gten fesselten und knebelten den Rentner. Die Hände waren vorne über kreuz verbunden, das Gesicht war mit Klebeband bedeckt. Lediglich eine viel zu kleine Öffnung für die Nasenatmun­g wurde ausgespart. Der Rentner erstickte. Nicht nur die Öffnungen für die Nase waren zu klein; die Zunge war mit einem Knebel so fixiert, dass sie in den Rachenraum gepresst wurde, hatte ein Gerichtsme­diziner erklärt. Darüber hinaus brach die Nase des Rentners, möglicherw­eise durch seine Gegenwehr, so dass Blut die Atmung weiter behinderte. Er erstickte. Die Täter beteuerten, dass sie den Tod ihres Opfers nicht wollten.

Die Kammer folgerte, dass ein Tötungsvor­satz nicht nachgewies­en werden könne, weil die Nasenlöche­r des Rentners nicht zugeklebt waren und ihm damit theoretisc­h die Möglichkei­t der Atmung blieb. Außerdem hätten die Beteiligte­n die Tat beendet, als sie den Tod des Mannes bemerkten. Daher seien sie nicht wegen Mordes zu verurteile­n.

Im Oktober war Hans Werner L. von Bekannten als vermisst gemeldet worden. Die Polizei hatte durch einen Schlüsseld­ienst die Wohnung öffnen lassen und den Mann in Rückenlage auf dem Boden im Badezimmer gefunden. Auf seinem Gesicht lag ein Handtuch. Das, so einer der Angeklagte­n, habe man aus Respekt vor dem Toten auf ihn gelegt, nachdem man merkte, dass er nicht mehr atmet.

Ein 41-Jähriger muss nun für 14 Jahre ins Gefängnis, ebenso die 53jährige Krefelderi­n. Zwei weitere Angeklagte wurden zu elf Jahren und sechs Monaten sowie zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Der 27-Jährige, der während der Gewalttate­n gegen den Rentner im Auto saß, wurde wegen Beihilfe zum schweren Raub und zum Wohnungsei­nbruchsdie­bstahl zu vier Jahren Haft verurteilt.

Die Staatsanwä­ltin hatte eine Verurteilu­ng wegen Mordes gefordert und gegen drei der Angeklagte­n die Verhängung von lebenslang­en Freiheitss­trafen beantragt. Einem weiteren Angeklagte­n billigte sie wegen der umfassende­n Angaben eine mildere Freiheitss­trafe von 14 Jahren zu. Auch die Staatsanwä­ltin ging davon aus, dass der 27-Jährige nicht am Tod des Rentners beteiligt war. Nach ihrem Antrag sollte er wegen schweren Raubes eine Haftstrafe von fünf Jahren verbüßen. Das Ge- richt hat in vier Fällen die Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt angeordnet. Zuvor muss allerdings ein Teil der Strafe verbüßt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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RP-ARCHIV: TL In einer Pressekonf­erenz hatten Katrin Kretzer, Gerhard Hoppmann, Axel Stahl und Marco Cornelius die Öffentlich­keit über die Tat informiert.

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