Rheinische Post Krefeld Kempen

Experten bemängeln Sicherheit an Bahnhöfen in NRW

- VON THOMAS REISENER

Die zuständige Bundespoli­zei ist dramatisch unterbeset­zt. Hinzu kommen Mängel beim Digitalfun­k und fehlende Lkw-Sperren.

DÜSSELDORF Die Sicherheit an den Bahnhöfen in NRW ist nur noch eingeschrä­nkt gewährleis­tet, weil die dafür zuständige Bundespoli­zei dramatisch unterbeset­zt ist. Bundesweit fehlen nach Gewerkscha­ftsangaben 16.000 Bundespoli­zisten. Allein an den größten Bahnhöfen in NRW (Aachen, Düsseldorf, Köln, Essen, Dortmund und Münster) sollen es fast 1000 sein. Außerdem habe es 2017 im Schnitt pro Beamten 40 Krankheits­tage gegeben.

„Es kommt vor, dass Bürger an Bahnhöfen 30 bis 40 Minuten auf die Polizei warten müssen“, berichtete Polizeigew­erkschafte­r Berthold Hauser (GdP) gestern im Innenaussc­huss des Landtages. Der Ausschuss hatte auf Initiative der SPD ein halbes Dutzend Experten eingeladen. Deren einstimmig­e Einschätzu­ng: Es gibt eine Sicherheit­slücke in den Bahnhöfen in NRW. Etwa, weil die Bahnhofspo­lizeiwache­n an sogenannte­n kleineren Bahnhöfen in NRW teilweise gar nicht mehr rund um die Uhr besetzt werden. In die Kategorie „kleinerer Bahnhof“fällt aber zum Beispiel auch ein Großstadtb­ahnhof wie Gelsenkirc­hen. In solchen Fällen muss dann die Landespoli­zei übernehmen, die aber bekanntlic­h ebenfalls noch unter Personalno­t leidet – die von der neuen Landesregi­erung bewilligte­n zusätzlich­en Polizisten müssen erst noch ausgebilde­t werden.

Hinzu kommen technische Mängel, etwa beim Digitalfun­k. „Im Flughafen Düsseldorf gibt es in jedem Kellerraum Empfang“, nannte Ernst Walter von der Deutschen Po- lizeigewer­kschaft (DPolG) ein Beispiel, „in deutschen Bahnhöfen funktionie­rt der Funk in großen Teilen des Gebäudes und den Tunneln nicht.“So konnte die Verstärkun­g im Fall des Bundespoli­zisten, der in einem Essener Bahnhofstu­nnel fast bewusstlos gewürgt wurde, nur zeitverzög­ert angeforder­t werden.

Unverständ­lich ist für Walter auch, „warum an den großen deutschen Bahnhöfen, die absolutes Terrorziel sein können, keine LkwSperren errichtet werden“. Terroriste­n steuerten schon mehrfach Lkw in Menschenme­ngen. Denkbar ist auch, dass ein Sprengstof­f-Lkw in Bahnhofsnä­he gezündet wird. „Hier muss die Deutsche Bahn mehr unternehme­n“, forderte Walter. Sie ist Eigentümer der Bahnhöfe.

Hoffnung machen den Experten Modellproj­ekte wie beispielsw­eise in Dortmund, wo Landes- und Bundespoli­zei im Großraum Hauptbahnh­of teilweise unter dem Dach eines gemeinsame­n Einsatzkon­zeptes arbeiten. Ein Vertreter des Dortmunder Polizeiprä­sidiums berichtete, dass die Kriminalde­likte in die- sem Bereich seit fünf Jahren rückläufig sind.

Zahlen zur Entwicklun­g der Kriminalit­ät an Bahnhöfen lagen dem Ausschuss nicht vor. Sie sollen jetzt ermittelt werden. Die Kriminalit­ätsstatist­ik erfasst bislang nur die Zahlen für ganze Stadtgebie­te. Die Experten empfahlen dem Landtag, an den Bahnhöfen Gemeinscha­ftswachen mit städtische­n Ordnungskr­äften, Landes- und Bundespoli­zisten einzuricht­en. Das wird nun Gegenstand weiterer Beratungen im Landtag.

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