Rheinische Post Krefeld Kempen
Kreis-Bauaufsicht verhindert Konzert
Nach der Kulturscheune in Mülhausen muss jetzt die Kultur-Backstube in St. Tönis dran glauben. Der Kreis untersagt der Bäckerei van Densen einen Konzertabend, da das Café in einem Wohngebiet liege. Ein Nachbar hatte sich beschwert.
ST. TÖNIS Drei Wochen vor dem Konzert am 27. Januar waren die Karten bereits ausverkauft. Das meldete die Band „4 good reasons“über die sozialen Medien – um wenige Tage später mitzuteilen, dass das Konzert ganz abgesagt sei. Die bekannte Band aus der Region (zwei Musiker wohnen in St. Tönis) sollte die neue Kulturreihe „Kultur-Backstube“in van Densens Filiale an der Leipziger Straße eröffnen. Entsprechend enttäuscht ist Sebastian van Densen, der damit am Donnerstagabend an die Öffentlichkeit ging.
Dieses Mal sind es nicht fehlende getrennte Toiletten und Brandschutzmaßnahmen wie beim Verbot der privat organisierten Konzerte in der Kulturscheune Mülhausen durch den Kreis, sondern es geht um Vorschriften: Das Konzert stelle eine Nutzungsänderung dar, für die es keine bauaufsichtliche Genehmigung gebe. Eine solche Genehmigung sei auch nicht beantragt worden.
Kurios: Van Densen hat für die Veranstaltung bei der Stadt Tönisvorst einen Antrag gestellt – und eine gewerberechtliche Genehmigung erhalten. Die Stadt hat diese Veranstaltung sogar auf ihren Internetseiten beworben. An der Leipziger Straße, an der es bis 2012 einen Edeka-Markt gab, bietet heute van Densen nicht nur Backwaren, son- dern auch Molkereiwaren und Dinge des täglichen Bedarfs. Bei der Stadt ist man froh, dass es an dieser Stelle noch einen Nahversorger gibt. Sebastian van Densen weiß auch, wie froh besonders ältere Menschen im Viertel sind, dass es diesen Laden gebe. Mit seiner Kultur-Backstube wollte er nicht ins Kulturgeschäft einsteigen, sondern höchstens vier Mal im Jahr regionalen Musikern ein Forum und den Tönisvorstern ein neues kulturelles Erlebnis anbieten. Er sieht sich in erster Linie als Bäcker, das Programm solle auch nicht mit dem Kulturcafé Papperlapapp in Vorst konkurrieren – das sich übrigens auch in einem Wohngebiet befinde. An der Leipziger Straße soll es ein Nachbar gewesen sein, der sich über das Konzert im Wohngebiet beschwert habe.
Die Stadt – so gestern ihre Stellungnahme – akzeptiert die Ent- scheidung der zuständigen Bauordnung des Kreises und hat van Densen Hilfestellung angeboten, nach einem Ersatzstandort zu suchen. Pikanterweise sind bei der Bauordnung im Kreis Mitarbeiter am Werk, die früher bei der Stadt Tönisvorst gearbeitet haben und zum Kreis gewechselt sind. Beim Bauplanungsrecht gibt es jedenfalls unterschiedliche Meinungen: Der Kreis sagt: „Der Bebauungsplan in seiner der- zeit gültigen Fassung lässt ein solches Vorhaben grundsätzlich nicht zu. Ob und inwieweit dies über eine Änderung des Bebauungsplanes eventuell ermöglicht werden kann, liegt in der Entscheidungsbefugnis der Stadt Tönisvorst.“Beim Bauplanungsrecht müsse die Stadt, so ihre Stellungnahme, erst die konkrete Antragsstellung zur Nutzungsänderung abwarten. „Ungeachtet dessen sagt der aktuelle B-Plan, dass das Ladenlokal selber in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, in dem zumindest ausnahmsweise Schankund Speisewirtschaften zugelassen sind.“Insoweit könne die Stadt sich vorstellen, dass gelegentliche Konzerte dem B-Plan entsprechen.