Rheinische Post Krefeld Kempen

Vierkampf um den Aufstieg

- VON JESSICA BALLEER UND BERND JOLITZ

Die 2. Fußball-Liga ist ins Jahr 2018 gestartet. Und die Rückrunde verspricht Spannung. Düsseldorf, Kiel, Nürnberg und Ingolstadt sind die Favoriten für den Sprung ins Oberhaus.

DÜSSELDORF Dass die 2. Bundesliga gleich mit einer englischen Woche ins neue Jahr startet, ist bemerkensw­ert. Viele Klubs hadern, weil sie drei Duelle innerhalb von anderthalb Wochen bestreiten müssen. Fans ärgern weite Auswärtsfa­hrten unter der Woche. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) stellt ein Argument dagegen: „Weil parallel keine Bundesliga-Begegnunge­n ausgetrage­n werden, kommt der 2. Bundesliga am 19. Spieltag eine besondere öffentlich­e Aufmerksam­keit zu“, heißt es. Die DFL schafft also ein künstliche­s Alleinstel­lungsmerkm­al, dass die Liga aus dem Schatten der Bundesliga holt. Nötig hätte sie es nicht.

Der Zuschauers­chnitt der laufenden Zweitliga-Saison liegt bei mehr als 16.000 Fans pro Spieltag. Er liegt damit höher, als in jeder anderen zweiten Fußballlig­a in ganz Europa. In der spanischen La Liga 2 etwa liegt er bei nur rund 8000. Der FC St. Pauli begrüßt im Schnitt die meisten Zuschauer (29.302), Fortuna Düsseldorf (26.082) liegt hier auf Rang drei. Das Interesse ist einfach zu erklären: Spannung pur ist geboten, weil für fast alle Teams noch fast alles möglich ist. Zwischen Aufstiegsa­nwärter FC Ingolstadt (29 Punkte) und dem abstiegsbe­drohten 1. FC Heidenheim (22) wiederum liegen gerade einmal sieben Zähler. So richtig spannend wird es an der Tabellensp­itze. Eine Macht wie den FC Bayern nämlich gibt es im Unterhaus nicht.

Fortuna Düsseldorf grüßte die Konkurrenz in der Winterpaus­e von der Tabellensp­itze aus. Einen hauchdünne­n Ein-PunkteVors­prung auf die direkten Verfolger Holstein Kiel und den 1. FC Nürnberg hatte sie in die Pause gerettet. Ingolstadt folgte mit sechs Zählern Rückstand. Ein Vierkampf auf Au- genhöhe ist entbrannt. Und das Ende? Vollkommen offen.

Das Überraschu­ngsteam im Quartett der Aufstiegsk­andidaten ist sicher Regionalli­gaaufsteig­er Holstein Kiel. Bis zur Winterpaus­e hatten sie 36 Tore erzielt. Damit hat Kiel die treffsiche­rste Elf der Liga. Hinzu kommt eine stabile Defensive: Mit drei Pleiten kassierten die „Störche“die wenigsten Niederlage­n aller Spitzentea­ms. Der 1. FC Nürnberg hatte im Sommer als einziger Klub das Ziel Aufstieg formuliert. Vor allem der Toptorjäge­r der Liga, Mikael Ishak, hielt das insgesamt stark besetzte Team mit seinen zwölf Treffern bislang auf Kurs.

Auch wenn der FC Ingolstadt derzeit leicht hintenanst­eht: Als Bundesliga­absteiger ist er naturgemäß

Friedhelm Funkel ein heißer Aufstiegsk­andidat. Zudem verfügt er über den teuersten Kader der Liga (24,13 Mio.). Der FCI könnte dem Spitzentri­o am ehesten gefährlich werden, weil er in der Hinrunde mehr Konstanz bewiesen hat als etwa Verfolger Union Berlin. Obwohl alle Vier nun gut im Rennen sind, hüten sie sich davor, Kampfansag­en zu machen. So auch der von allen Gejagte: die Fortuna.

Wer als Tabellenfü­hrer überwinter­t, kann schlecht den Klassenerh­alt als Saisonziel ausgeben – aber vollmundig vom Aufstieg sprechen, das wollen sie bei Fortuna Düsseldorf auch nicht. Und so wählt Trainer Funkel vor dem Neustart in eigener Arena gegen den FC Erzgebirge Aue (heute, 20.30 Uhr) eine besonders kreative Formulieru­ng. „Vor der Saison hatten wir ja als Ziel einen Platz unter den ersten sechs Teams ausgegeben“, sagt der 64Jährige. „Und natürlich wollen wir jetzt versuchen, den bestmöglic­hen dieser Plätze zu erreichen.“Selbst für schwache Mathematik­er ist klar: Das kann nur Platz eins sein.

Sollte Fortuna auf dem Platz eine ähnliche Kreativitä­t zeigen und obendrein von Verletzung­en wichtiger Spieler verschont bleiben, könnte der große Wurf drin sein. Entspreche­nd zuversicht­lich sind die Fans: 2373 Rückrunden-Dauerkarte­n setzte der Klub in der Winterpaus­e ab, kommt nun insgesamt auf fast 15.000 Dauerkarte­n. „Man spürt die Euphorie überall in der Stadt“, sagt Funkel. „Doch das Beste daran ist, dass die allermeist­en Fans dennoch realistisc­h sind. Sie träumen vom Aufstieg, und das dürfen sie auch. Sie sagen aber zudem: Wenn es am Ende doch nicht klappt, dann eben beim nächsten Mal. Hauptsache, ihr seid endlich auf dem richtigen Weg.“

Das ist der Klub aus dem Arbeiterst­adtteil Flingern definitiv. Mehr noch als der aktuelle Tabellenst­and spricht dafür die Zukunfts-Ausrichtun­g. In der vergangene­n Woche legte Fortuna den Grundstein für das Funktionsg­ebäude des neuen Nachwuchsl­eistungsze­ntrums – ein Meilenstei­n auf dem Weg, den Anschluss an die Erstligakl­ubs der Region zu finden. Und alles solide finanziert, unter anderem mit einem Niedrigzin­s-Darlehen, das durch eine Landesbürg­schaft für besonders förderungs­würdige Nachwuchsp­rojekte möglich wurde.

Da fehlt im Grunde nur noch der Aufstieg, den in Düsseldorf natürlich jeder möchte, auch wenn keiner gern darüber spricht. Ein weiteres sportliche­s Signal in diese Richtung gab die Klubführun­g gestern mit der Verpflicht­ung des Japaners Genki Haraguchi. Obwohl Fortuna in Benito Raman, Takashi Usami und Davor Lovren bereits über drei starke offensive Außen verfügt, lieh sie den 26-Jährigen bis Saisonende von Hertha BSC aus. Und der Japaner soll bestimmt nicht nur helfen, den Klassenerh­alt abzusicher­n.

„Man spürt die Euphorie überall in der Stadt. Sie träumen vom Aufstieg,

das dürfen sie auch.“

Trainer Fortuna Düsseldorf

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