Rheinische Post Krefeld Kempen
Hohe Haftstrafen für Schlepper gefordert
In Zwolle steht ein Viersener vor Gericht. Er soll geholfen haben, mehrere Hundert Flüchtlinge illegal nach Deutschland, in die Niederlande, nach Dänemark und Schweden zu bringen. Dem 41-Jährigen drohen zwei Jahre Haft.
KREIS VIERSEN Im niederländischen Zwolle stehen derzeit vier Männer vor Gericht, die in großem Stil syrische Flüchtlinge quer durch Westeuropa geschmuggelt haben sollen. Drei der Angeklagten stammen aus den Niederlanden, ein Mann kommt nach Informationen niederländischer Medien aus Viersen. Die Staatsanwaltschaft hat für den Hauptangeklagten, einen 37-jährigen Eindhovener, sieben Jahre Haft gefordert. Ein weiterer Eindhovener (29) soll für viereinhalb Jahre ins Ge- fängnis, dem 41-jährigen Viersener und einem 38-jährigen Mann aus dem niederländischen Putten drohen jeweils zwei Jahre Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft fordert außerdem, dass 200.000 Euro, die die Angeklagten mit ihren kriminellen Machenschaften erzielten, an den Staat zurückgezahlt werden.
Die niederländischen Grenzschutzbeamten der Koninklijke Marechaussee hatte 2015 die beiden aus Syrien stammenden Eindhovener festgenommen. Sie sollen Hunderten syrischen Flüchtlingen geholfen haben, illegal nach Deutschland, Dänemark, Schweden oder in die Niederlande einzureisen. Für die Ermittlungen arbeiteten niederländische, deutsche, italienische, österreichische und ungarische Behörden fast ein Jahr lang zusammen. Nach Angaben der niederländischen Staatsanwaltschaft waren die vier Angeklagten Teil eines großen Netzwerks, das in ganz Europa tätig war. Sie warben Flüchtlinge an, regelten ihren Transport, waren als Geldkuriere tätig oder fälschten offizielle Dokumente.
Ihre Aktivitäten begannen in der Türkei. Mittelsmänner warben Flüchtlinge, die für eine Überfahrt mit dem Boot nach Griechenland oder Italien 7000 Euro bezahlen mussten. Für die Weiterfahrt im Auto oder Kleintransporter nach Deutschland, Dänemark, Schweden oder in die Niederlande wurden 700 Euro fällig. Einen Teil mussten die Flüchtlinge vorab bezahlen, den Rest bei der Ankunft an den Fahrer. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft fuhren vermutlich täglich Schlepperfahrzeuge in Mailand oder Wien los, um die Flüchtlinge weiterzubringen.
Mitte 2015 verlagerten die Schlepper ihre Tätigkeit nach Budapest. Da die Zahl der Flüchtlinge damals stetig stieg, hätten die Schlepper auch ihre Preise verdoppelt, so die Staatsanwaltschaft: „1500 Euro für eine Schmuggelreise in die Niederlande waren ganz normal. Wer nicht bezahlen konnte, wurde auch nicht geschmuggelt.“Grenzschutzbeamte fingen mehrere illegale Transporte ab, auch in Deutschland und Österreich.
Nach seiner Festnahme hatte der Hauptangeklagte seine Beteiligung am Menschenschmuggel zugegeben. Er habe sich selbst als Helfer in 150 bis 200 Fällen gesehen. Gleichzeitig habe er von dem Geld profitiert, das die Migranten an die Schlepper bezahlen mussten, so die Staatsanwaltschaft: „Abgehörte Telefongespräche ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, als es um die Rolle des Verdächtigen ging.“
Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei der Bande um eine kriminelle Organisation, die sich mit Menschenschmuggel und Geldwäsche bereichert habe: „Ziel der Organisation war es, so viel Geld wie möglich zu verdienen.“Ehrlich habe der Hauptangeklagte im Prozess ausgesagt, dass er von Habsucht getrieben worden sei. Das Urteil soll am 20. Februar fallen.