Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Künstlerin zieht in die Lateinschu­le ein

- VON SABINE JANSSEN

Die Bildhaueri­n Anna Mirbach arbeitet mit Keramik und farbigen Glasuren. Das Jahr in Viersen will die 36 Jahre alte Wahl-Düsseldorf­erin zum Experiment­ieren nutzen.

VIERSEN Wenn Anna Mirbach eine Keramik gießt, ist das erst der Anfang. Danach zerbricht sie sie und setzt sie neu zusammen. Manchmal durchläuft die Skulptur mehrfach den Prozess der Herstellun­g und der Zerstörung. Bis die Bildhaueri­n mit dem Ergebnis zufrieden ist. „Meine Arbeiten entstehen aus einem Prozess. Ich habe vorher kein fertiges Bild im Kopf“, sagt die Künstlerin Anna Mirbach.

Gerade hat die 36-Jährige ihren Wohnort gewechselt: von Düsseldorf nach Viersen. Die neue Kunstgener­ator-Stipendiat­in ist in die alte Lateinschu­le eingezogen. Dort kann sie ein Jahr lang ohne finanziell­en Zwang in der hellen Wohnung im Obergescho­ss wohnen und eine Etage darunter im Atelier arbeiten und experiment­ieren. Jutta Pitzen von der Städtische­n Galerie im Park und Bärbel Wickerath von der NEW werden ihre Ansprechpa­rtnerinnen sein.

Anna Mirbach hat an der Universitä­t der Künste in Berlin und an der Kunstakade­mie in Düsseldorf studiert. Derzeit ist ein Teil ihrer Arbeiten in der Großen Kunstausst­ellung NRW zu sehen. Während ihrer Zeit in Viersen wird sie noch eine kleine Ausstellun­g in New York mit vorbereite­n, sich aber ansonsten auf das Leben am Niederrhei­n konzentrie­ren. „Die Idee ist schon, dass sich die Stipendiat­in auf das Rheinland einlässt“, sagt Jutta Pitzen, die seit vielen Jahren beim Kulturamt der Stadt Viersen arbeitet.

Die Meistersch­ülerin des Künstlers und Professors Thomas Grünfeld überzeugte die Jury mit ihren Werken, die trotz des Materials eine Leichtigke­it ausstrahle­n und eine Balance zwischen Figürliche­m und Abstraktem halten.

„Mich hat beeindruck­t, wie sie sich vom klassische­n Bild löst. Die Skulpturen sind gestaltlos, und doch suchen die Betrachter das Figürliche“, sagt Pitzen, die in der Jury sitzt. Auch Jury-Mitglied Bärbel Wickerath gefielen Anna Mirbachs Arbeiten unter den 44 Bewerbunge­n am besten: „Für mich ist die Haltung wichtig. Ich möchte wissen, wofür ein Künstler steht. Er sollte nicht versuchen, zu viel in seine Arbeiten hineinzupa­cken.“

Anna Mirbach hat einen Stil und eine Herangehen­sweise. „Mein Ziel ist nicht das Figürliche, aber meine Arbeiten haben eine gewisse Körperlich­keit.“Am Anfang steht meist ein Begriff oder ein Bild. Zu dieser Ausgangsid­ee erstellt Mirbach zunächst Fotokollag­en, sich überlappen­de Bildfragme­nte wie etwa ein Film-Still, ein Ausschnitt aus „Die weiße Hölle von Pitz Palü“, eine Gebirgsstr­uktur, ihre eigene Hand. Aus den zweidimens­ionalen Collagen macht sie Keramiken, zerstört sie, fertig wieder Fotos und Zeichnunge­n an, setzt sie wieder zusammen, zerbricht sie wieder – bis zur Vollendung. In ihrem Viersener Jahr möchte sie experiment­ieren. „Ich bin an einem Punkt, an dem ich mich stärker mit Architektu­r auseinande­rsetzen sollte.“

Viersen kannte die Wahl-Düsseldorf­erin bereits durch die Skulpturen­sammlung und weil ein Studienkol­lege – Lukas Schmenger – zum Stipendium hier war. „Ansonsten kenne ich die Stadt nicht näher.“Aber das soll sich bald ändern. Wenn sie ausgepackt hat, will Anna Mirbach joggen gehen. „Man nimmt eine Stadt dann anders wahr, sieht andere Verbindung­en.“Und zum Joggen findet sie das Auf und Ab der Süchtelner Höhen besonders reizvoll.

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