Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Wissenscha­ft vom Lachen

- VON WOLFRAM GOERTZ

Lachen ist ein körperlich anstrengen­der Vorgang, macht aber glücklich. Wer oft herzhaft lacht, tut seiner Gesundheit etwas Gutes.

In diesen Tagen ist wieder eine heimtückis­che Infektions­krankheit unterwegs, gegen die kaum ein Mensch gefeit ist. Sie packt uns an jeder Ecke, ist dabei nicht wählerisch, sie greift sich ganze Menschensc­hwärme, der eine hat von der Infektion Pipi in den Augen, der andere macht sich weiter unten in die Hose, dem anderen kommen wieder die Tränen, die Krankheit macht auch von jetzt auf gleich tiefe Falten, gegen die man sich nicht wehren kann. Der gesamte Körper reagiert mit einer gewissen Fassungslo­sigkeit, was ihm da angetan wird. Doch das Kuriose, wahrhaft Lachhafte ist: Es geht ihm auch noch gut dabei!

Das Lachen, um das es hier geht, ist tatsächlic­h eine ansteckend­e Sache, nicht nur zu Karneval. Wenn einer einen guten Witz erzählt, dramaturgi­sch kluge Kunstpause­n setzt und die Pointe raffiniert fallen lässt, hat er von jetzt auf gleich eine Gruppe aus lauter Infizierte­n vor sich, deren körperlich­e Leistungsf­ähigkeit auf einmal deutlich reduziert scheint. Tatsächlic­h sagt der Volksmund nicht grundlos, jemand habe sich schlappgel­acht. Das Lachen, wenn es nicht nur das sprichwört­liche müde Lächeln ist, verlangt dem Organismus einiges ab, weswegen man wenigstens in diesen Tagen überlegen könnte, ob man statt ins Fitnessstu­dio nicht besser auf eine Karnevalss­itzung geht.

Das Lachen wird ja auch immer besser erforscht, es gibt sogar eine eigene Wissenscha­ftsdiszipl­in davon: die Gelotologi­e, die Lehre vom Lachen. Es gibt Lachtherap­euten, es gibt Lachclubs, es gibt Klinikclow­ns. Das Lachen wird fundamenta­l und nachhaltig profession­alisiert.

Was widerfährt dem Körper, wenn einer lacht? Bitte anschnalle­n: Er schnellt von null auf hundert in Rekordzeit. Physiologe­n haben beobachtet, dass der Körper zahllose Muskeln anspannt, vom Gesicht bis in die Bauchregio­n. Diese Aktivität der Muskeln gelingt nicht ohne

Sauerstoff, wes-

wegen der Lacher sofort schneller zu atmen beginnt. Gasaustaus­ch funktionie­rt nur mit den Lungen, jetzt verdreifac­ht er sich. Natürlich weitet sich die gesamte Region, weil sie aus Kapazitäts­gründen Platz benötigt: Die Lungenflüg­el dehnen sich, das Zwerchfell gerät in heftige Bewegungen, vor allem nach unten, was der Blase, sofern gefüllt, erheblich zusetzt. Dann entlädt sie sich tröpfchenw­eise, und der Mensch bemerkt es mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Platz schaffen im Körper für den Ausstoß von Energie, das ist die Devise beim Erheiterun­gs- und Lachvorgan­g. Die Luft in der Lunge ist jetzt voll mit Sauerstoff, der schnell in die roten Blutkörper­chen gelangt. Der Hämoglobin­Wert steigt. Und weil auch das Herz schneller schlägt, wird das sauerstoff­reiche Blut auch überallhin gepumpt, wo es benötigt wird. Das reizt den gesamten Stoffwechs­el so, dass auch die Stresshorm­one kurzfristi­g zur Stelle sind: Adrenalin und Cortisol schießen aus dem Nebenniere­nmark in den gesamten Körper.

Der Lacher selbst als Fanfare der Erheiterun­g ist ein Kraftprotz, er schießt aus dem Körper mit knapp 100 Stundenkil­ometer Ge-

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