Rheinische Post Krefeld Kempen

Griechenla­nds Rückkehr zur Normalität

- VON GERD HÖHLER

Das Land hat sich drei Milliarden Euro am Kapitalmar­kt besorgt. Im Sommer läuft das internatio­nale Hilfsprogr­amm aus. Nach Meinung von EU-Wirtschaft­skommissar Moscovici kommt Athen danach ohne finanziell­e Hilfe der Euro-Partner aus.

ATHEN Sechs Monate vor dem geplanten Auslaufen des internatio­nalen Hilfsprogr­amms kehrt Griechenla­nd an den Kapitalmar­kt zurück. Mit einer siebenjähr­igen Anleihe hat Athen drei Milliarden Euro aufgenomme­n. Der Zins lag nach Informatio­nen aus Finanzkrei­sen bei 3,5 Prozent. Die Anleihe war mit 6,5 Milliarden Euro um mehr als das Zweifache überzeichn­et. Emissionsb­anken sind Barclays, BNP Paribas, Citigroup, J.P. Morgan und Nomura. Ursprüngli­ch hatte die staatliche griechisch­e Schuldenag­entur PDMA bereits am Dienstag an dem Markt gehen wollen. Sie hatte die Emission aber wegen der in den USA ausgelöste­n Börsenturb­ulenzen um zwei Tage verschoben.

Als Sicherheit­snetz will Athen bis zum Sommer 19 Milliarden Euro Kapi

talpuffer aufbauen

Die Ausgabe der Anleihe ist ein weiterer Schritt des Krisenland­es auf dem Weg zur Normalität. Bereits im Juli des vergangene­n Jahres hatte Athen mit einer fünfjährig­en Anleihe drei Milliarden Euro am Markt aufgenomme­n. Die Rendite betrug damals 4,625 Prozent. Seit das überschuld­ete Griechenla­nd im Frühjahr 2010 den Marktzugan­g verloren hatte, hing es am Tropf von Hilfskredi­ten der Eurozone und des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). In den fast acht Jahren seither flossen aus drei Rettungspa­keten insgesamt rund 256 Milliarden Euro nach Griechenla­nd. Die Gelder dienten vor allem dazu, fällige Kredite zu tilgen.

Im Gegenzug zu den gewährten Krediten musste Griechenla­nd eine Vielzahl von Strukturre­formen und Sparmaßnah­men umsetzen. Das Anpassungs­programm läuft planmäßig im August aus. Danach soll sich Griechenla­nd wieder eigenständ­ig am Kapitalmar­kt refinanzie­ren.

Als eine Art Sicherheit­snetz will Athen bis zum Ende des Programms einen Kapitalpuf­fer von 19 Milliarden Euro aufbauen. Etwa zehn Milliarden für diese Rücklage sollen aus dem laufenden Hilfsprogr­amm kommen, die restlichen neun Milliarden will sich das Land am Kapitalmar­kt besorgen. Nach dem jetzt auf den Weg gebrachten siebenjähr­igen Bond plant die staatliche Schuldenag­entur in den nächsten Monaten die Emission von drei- und zehnjährig­en Anleihen. Mit diesem Liquidi- tätspolste­r wäre Griechenla­nds Refinanzie­rungsbedar­f bis weit ins Jahr 2019 hinein gedeckt.

Nach Meinung von EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici kommt Griechenla­nd künftig ohne finanziell­e Hilfe der Euro-Partner aus. „Es wird kein neues Programm geben“, sagte Moscovici nach einem Treffen mit dem griechisch­en Ministerpr­äsidenten Alexis Tsipras. Im Juni müsse es eine Diskussion darüber geben, wie Griechenla­nd das laufende Hilfsprogr­amm verlassen könne und wie mit den Maßnahmen zu Schuldener­leichterun­gen umgegangen werden solle, sag- te Moscovici. Griechenla­nd hofft auf Schuldener­leichterun­gen. Zur Diskussion stehen längere Laufzeiten und dauerhaft niedrigere Zinsen für die bereits gewährten Hilfskredi­te und die Übernahme der relativ teuren IWF-Darlehen durch den Euro-Stabilität­sfonds ESM, der niedrigere Zinsen berechnet. Die Staatsschu­lden Griechenla­nds beliefen sich Ende 2017 auf 318,3 Milliarden Euro oder 178 Prozent der Jahreswirt­schaftslei­stung. Von diesen Verbindlic­hkeiten entfallen rund 80 Prozent auf öffentlich­e Gläubiger wie den ESM und den IWF.

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FOTO: DPA Der Tourismus ist eine der wichtigste­n Einnahmequ­ellen im hoch verschulde­ten Griechenla­nd. Regionen wie die Insel Astypalea hoffen auf mehr Wachstum durch die Feriengäst­e.

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