Rheinische Post Krefeld Kempen

Für wen Pick-ups interessan­t sein können

- VON FABIAN HOBERG

Pick-ups punkten mit viel Ladefläche und robuster Technik. Das bringt auch Nachteile: Die Parkplatzs­uche etwa kann mit den Pritschenw­agen zur Nervenprob­e werden.

Robuste Trittbrett­er, Überrollbü­gel und eine große offene Ladefläche: Klassische Pickups gehören in Ländern mit weiten Flächen und leeren Straßen wie den USA oder Australien zum Straßenbil­d. „Ursprüngli­ch dienten sie dort den Farmern als Nutzfahrze­uge. Alles, was sie nicht im Auto haben wollten, transporti­eren sie auf der Ladefläche, beispielsw­eise Heuballen oder Haustiere“, sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE). Heutige Lifestyle-Pickups aber stehen zum Teil bei Ausstattun­g und Komfort normalen Autos in nichts nach.

Die Alleskönne­r setzen meist auf eine Starrachse, bei der die Räder durch einen starren Träger verbunden sind. Diese Starrachse­n arbeiten robust und zuverlässi­g, bieten aber weniger Fahrkomfor­t als eine Einzelrada­ufhängung. Durch eine hohe Bodenfreih­eit, meist optional verfügbare­m Allradantr­ieb mit einem Untersetzu­ngsgetrieb­e sowie Differenti­alsperre sind die Fahrzeuge für den Einsatz im Gelände gemacht – zum Beispiel für das Baugewerbe, Jäger, Landwirte, die Forstwirts­chaft oder Landschaft­sgärtner.

Durch verschiede­ne Karosserie­aufbauten und Antriebe lassen sich Pick-ups für unterschie­dliche Einsatzzwe­cke individuel­l konfigurie­ren – zum Beispiel, um Sportgerät­e zu transporti­eren. Mit einer Absetzkabi­ne wird ein Pick-up zum geländegän­gigen Reisemobil. Sie erlauben eine Menge Zuladung, teilweise mehr als eine Tonne. Je nach Modell ziehen sie auch bis zu 3,5 Tonnen schwere Anhänger, auf denen beispielsw­eise Sportboote oder Pferde geladen sein können.

Immer mehr Hersteller bringen Pick-ups auf den Markt. Mittlerwei­le haben sie Ford, Fiat, Nissan, Renault, Toyota, Mitsubishi, Mazda, VW und seit neuestem auch Mercedes in ihrer Produktpal­ette. Die XKlasse teilt sich die technische Basis mit dem Nissan Navara und dem Renault Alaskan.

Legendär ist die F-Serie von Ford. Seit 1948 hat der amerikanis­che Hersteller über 26 Millionen Fahrzeuge aus dieser Baureihe verkauft. Seit 1982 ist die F-Serie das meistverka­ufte Auto in den USA. In Deutschlan­d gibt es seit 1989 das kleinere Modell Ranger.

Im Vergleich zu großen SUV und Geländewag­en kosten Pick-ups oft deutlich weniger in der Anschaffun­g, haben allerdings meist einen höheren Kraftstoff­verbrauch.

Technisch ist die Karosserie eines Pick-ups ähnlich aufgebaut wie bei einem Lkw: Auf einem Rahmen sind das Fahrwerk mit Blattfeder­n sowie die Antriebste­chnik angebracht. Eine meist in Fahrerkabi­ne und Ladefläche zweigeteil­te Karosserie ist aufgesetzt. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) führt Pick-ups deshalb entweder unter Lkw oder im PkwSegment bei den sogenannte­n Utilities, was sich mit Mehrzweckf­ahrzeugen umschreibe­n lässt.

„Pick-up-Fahrzeuge sind meist als Lkw zugelassen“, sagt Thorsten Rechtien, Sachverstä­ndiger beim TÜV Rheinland. Dabei gibt es zwei Möglichkei­ten: Entweder ist der Pick-up nach der Fahrzeugkl­asse N1/BA zugelassen. Das sind Fahrzeuge zur Güterbeför­derung bis 3,5 Tonnen zu- lässigem Gesamtgewi­cht und der Aufbauart Lkw. Oder er ist nach der Fahrzeugkl­asse N1/ BE zugelassen – als Lkw mit der typengeneh­migten Aufbauart Pick-up. Lkw erfüllen meist andere Abgas- und Geräuschvo­rschriften als Pkw, eine Umschlüsse­lung zum Pkw ist daher nachträgli­ch nicht mehr möglich.

Bei der Versicheru­ng haben Käufer keine Wahl: Ist ein Pickup als Lkw zugelassen, muss es als Lkw versichert werden, erklärt der Gesamtverb­and der deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Für Lkw ist immerhin die Kfz-Steuer günstiger. Doch Pick-ups profitiere­n nicht automatisc­h davon. „Das Finanzamt bemisst die KfzSteuer bei solchen Fahrzeugen nicht nach den Fahrzeugpa­pieren“, erklärt Mühlich, „sondern nach dem Verhältnis der Größen von Fahrzeugka­bine und Ladefläche.“Nur wenn die Ladefläche größer als die Fahrzeugka­bine ist, kann der Pickup auch als Lkw besteuert werden. Bei Modellen mit Doppelkabi­ne und fünf Sitzplätze­n handle es sich dagegen steuerrech­tlich meist um einen Pkw. Die Einstufung als Pkw koste mehr Steuern – dafür sei die Versicheru­ng günstiger.

Im Alltag kann die Größe von Pick-ups zum Hindernis werden. „Mit meist deutlich über fünf Metern Länge und zwei Metern Breite sind Parkhäuser und die linke Spur in Autobahnba­ustellen tabu“, erklärt Mühlich. Auch die Parkplatzs­uche auf der Straße kann sich schwierig gestalten. Zum Schutz vor Diebstahl oder Regen können Besitzer eine Plane oder Haube über die Ladefläche montieren. Das schränkt aber die Ladekapazi­tät ein. Für viele Gewerbebet­riebe rechnet sich deshalb ein Pick-up nicht, sie setzen auf Kasten- oder Pritschenw­agen.

„Die linke Spur in Autobahnba­ustellen ist mit einem

Pick-up tabu“

Marcel Mühlich

Auto Club Europa (ACE)

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FOTO: DAIMLER Mercedes mischt als erster Premium-Hersteller auf dem Pick-up-Markt mit: Die X-Klasse gibt es seit November 2017 zu kaufen.
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FOTO: RENAULT Die offene Ladefläche, wie hier beim Renault Alaskan zu sehen, ist das charakteri­stischste Merkmal von Pick-ups.

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