Rheinische Post Krefeld Kempen
Grotenburg – untauglich für Dritte Liga
Der KFC Uerdingen muss bis zum 1. März beim Deutschen Fußball Bund die Bewerbung für die dritte Liga einreichen – mit Wirtschaftsplan und Nachweis eines tauglichen Stadions. Vorbildliche Erinnerung
Nostalgiker lieben die Grotenburg. Sie erinnert an den Fußball vergangener Tage. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Deshalb bot sie auch die ideale Kulisse für die Dreharbeiten bei Sönke Wortmanns Film „Das Wunder von Bern“, in dem die Weltmeister von 1954 wie Toni Turek oder Helmut Rahn noch einmal lebendig wurden.
In dem 1927 erbauten Stadion ist einiges noch wie am ersten Tag. Natürlich nicht alles, denn 1975 wurde die Südtribüne erbaut und vier Jahre später die Westkurve aufgestockt – gerade rechtzeitig vor der Blütezeit. Denn 1985 mit dem Pokalsieg und ein Jahr später bei den legendären Europapokalspielen der Uerdinger gegen Dynamo Dresden (7:3Sieg nach 1:3-Halbzeitrückstand und einer 0:2-Hinspielniederlage), gegen Athletico Madrid und den FC Barcelona wurde in Krefeld Fußballgeschichte geschrieben.
Doch seitdem wurde in der Grotenburg nicht mehr viel getan. We- der in das Stadion noch in die Mannschaft wurde investiert, deren Abstieg bis in die sechste Klasse führte. Damit einher ging der Verfall des Stadions. 2013 wurden alle Stehplätze aufgrund falsch angebrachter Wellenbrecher gesperrt.
Derzeit ist das Grotenburg-Stadion nicht drittligatauglich. Das geht eindeutig aus der Vorlage (4978/18) der Verwaltung hervor, die der Sportausschuss vor seiner morgigen Sitzung erhalten hat. „Die im Stadionbereich vorhandenen sicherheitsrelevanten Einrichtungen“, heißt es da, „befinden sich nicht mehr auf dem Stand der Technik und entsprechen in weiten Teilen nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben.“
Mehr als ein dutzend Beispiele werden aufgeführt: elektrische Anlagen, Blitzschutzanlagen, Flutlicht, Sicherheitsbeleuchtung, Notstromversorgung, Beschallungs-, Sprachalarm- und Videoanlagen, aber auch Heizungs- Lüftungs-, Trinkund Warmwasserbereitungsanlagen sowie die Regeltechnik. Das Sta- dion bewege sich auf einem Niveau der 1980-er Jahre. Die Erlangung der Drittligatauglichkeit sei mit einem beträchtlichen Investitionsaufwand verbunden.
Allein um in einem ersten Schritt die Mindestvoraussetzungen zu erfüllen, bedarf es einer Investition von mehr als einer Million Euro. Spätestens im zweiten Jahr der Zugehörigkeit zur dritten Liga – in der ersten Saison gewährt der DFB eine Karenzzeit – kämen weitere Kosten von mehr als zwei Millionen Euro hinzu.
Die Verwaltung plädiert aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs für die Einrichtung einer Projektleitung. Doch mit Blick auf das Zulassungsverfahren zur dritten Liga – in dem der DFB die wirtschaftliche und technisch-organisatorische Leistungsfähigkeit überprüft – drängt die Zeit, denn der KFC Uerdingen muss seine Unterlagen bis zum 1. März einreichen. Morgen tagt der Sportausschuss, der lediglich eine Empfehlung aussprechen kann, ehe die beschlussfähigen Gremien am Zug sind. „Im Hinblick auf die komplexe Aufgabenstellung und dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen ist die fristgerechte Umsetzung gefährdet“, warnt die Verwaltung. Kommentar
Ist die Sanierung der Grotenburg eine Investition in ein Millionengrab oder eine lohnende in die Zukunft? Das ist eine spannende Frage, auf die sich eine einfache Antwort verbietet. Die Stadt kann und darf nicht verschwenderisch investieren, sie kann und darf das Stadion aber auch nicht zur Ruine verkommen lassen und einen Aufstieg des KFC verhindern. Gefragt ist unternehmerisches Handeln mit Augenmaß. KFC-Präsident Mikhail Ponomarev sagt, er sei Unternehmer. Sein Ziel sei es, den Verein in die zweite Liga zu führen, wo er profitabel arbeiten kann. Das wäre gut für den Verein und die Stadt, die an einem Strang ziehen müssen – Zug um Zug. Sportlicher Aufstieg und Sanierung der Grotenburg müssen harmonisch erfolgen, so wie damals, als der sportliche Erfolg und der Ausbau einher gingen. Eine vorbildliche Erinnerung.
Thomas Schulze