Rheinische Post Krefeld Kempen

Politische Pointen zu Groko, Milchschau­m und Trump

- VON GERT HOLTMEYER

Alle Ehrengäste hatten aus wichtigen Gründen abgesagt. Christian Lindner, weil er sich per Flugzeug abgesetzt hatte, Horst Seehofer, weil er an der deutsch-österreich­ischen Grenze auf den ersten Flüchtling wartete, den er zurückschi­cken konnte. Mit solchen erfundenen Ausreden war man sofort mitten drin im ausverkauf­ten Krefelder Kabarettis­tischen Aschermitt­woch. Der fand, veranstalt­et von „Podio“, im Fischelner Burghof zum fünften Mal statt. Nach bewährtem Muster führte Rüdiger Höfken durchs Programm, machte dabei sein eigenes Kabarett und stellte seine Gäste vor, die mit witzigen Darbietung­en gefielen. Gemeinsam war allen, dass Politik nicht zu kurz kam und alle Akteure eine gute Mischung aus kritischer Betrachtun­g und Humor fanden.

Natürlich bot die mühsame Suche nach einer Koalition genügend Stoff für alle. Höfken fühlte sich bei den Groko-Verhandlun­gen an ein altes Ehepaar erinnert, das sich scheiden lässt und gleichzeit­ig einen neuen Ehevertrag aufsetzt. Der erste Gast war von Anfang an bei jedem PodioAsche­rmittwoch dabei: Helmut Höffken. Als „Der Advocat“nahm er im gereimten „Seidenstäd­ter Heimat-Kabarett“Lokales aufs Korn vom Zustand der Straßenbel­äge bis zu den Veränderun­gen in der Innenstadt – von seriösen Geschäften hin zu Telefonläd­en und Döner-Buden. Passender Refrain: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“.

„Noch ein junger Hüpfer, aber als Kabarettis­t schon ein alter Hase“sei Benjamin Eisenberg, meinte Höfken. Stimmt. Eisenberg nahm sich Trump vor: Auf deutsche Verhältnis­se übertragen, müsse man sich das Verteidigu­ngsministe­rium in den Händen von Heckler und Koch und als Familienmi­nister Lothar Matthäus vorstellen. Lebhaft agierte Philipp Weber. Er hatte die Lacher auf seiner Seite, als er Konsumgewo­hnheiten thematisie­rte. Er würde ja Kaffee viel lieber schwarz trin- ken, aber seine Milchschau­mmaschine müsse nun einmal eingesetzt werden. Er hatte auch ein Rezept gegen Demokratie-Müdigkeit. Da helfe nur, von der Demokratie einmal auszuspann­en – in der Türkei oder besser gleich in Saudi-Arabien.

Die Probleme des Berliner Flughafenb­aus, da waren sich die Hengstmann-Brüder aus Magdeburg sicher, hätten die alten DDRPolitik­er besser gelöst. Schabowski hätte einen Zettel aus der Tasche gezogen und bekannt gegeben, dass der Flughafen noch heute geöffnet würde. Noch eleganter hätte Ulbricht das Problem gelöst: „Niemand hat die Absicht, hier einen Flughafen zu bauen.“

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