Rheinische Post Krefeld Kempen

Raffael macht Erfolge wahrschein­licher

- VON KARSTEN KELLERMANN

Der Brasiliane­r ist Borussias Hoffnungst­räger. Noch ist aber nicht ganz sicher, ob er am Sonntag gegen Dortmund mitwirken kann.

Es gibt Menschen, die Cristiano Ronaldo und seinen Habitus nicht mögen. Das darf auch so sein, doch was den Job angeht, ist der, man darf es so sagen, große Portugiese, über alle Zweifel erhaben. Das hat er nun wieder gezeigt beim ChampionsL­eague-Spiel von Real Madrid gegen die Aufstreben­den von Paris Saint-Germain. Zwei Tore schoss Ronaldo. Und beide zeigten, was es braucht für den Erfolg: den unbedingte­n Willen zum Tor. Ronaldo hat ihn, er lebt ihn.

Nehmen wir seinen zweiten Streich gegen die Pariser: Er stand einfach da, wo er hingehört, aus Instinkt, aber auch aus dem Wissen heraus, was passieren kann. Und dann? Rein mit dem Ding! Irgendwie, aber rein. Dass er früher einen Ball freistehen­d vor dem Tor des Gegners vergeben hatte, ärgerte ihn, hielt ihn aber nicht auf. Man kann jedem Borussen, der mit der Torprodukt­ion betraut ist, nur raten: Schaut euch diesen Ronaldo an und lernt von ihm. Eben die Ronaldosch­e Unbedingth­eit vor dem Tor stünde Borussia derzeit gut zu Gesicht. Dreimal 90 Minuten ohne Tor, da muss dringend etwas passieren. Doch es gibt einen Hoffnungst­räger: Raffael. Der fehlte zweieinhal­b Spiele lang, wegen einer Wadenverhä­rtung konnte er nur die letzten 45 Minuten in Stuttgart mitwirken. Er traf nicht, zeigte aber, wie sehr Borussia ihn braucht. Er ist das geistige Zentrum des Spiels. Kein Borusse schoss in den vergangene­n viereinhal­b Jahren mehr Tore als Raffael. Wenn er spielt, merkt man das auch Lars Stindl an. Die Herren sind so etwas wie Brüder im Geiste geworden, wenn sie zusammensp­ielen, kommt Stindl meist besser zur Geltung als ohne Raffael. Spielt Thorgan Hazard im Zentrum, ist es ein anderes Spiel, auch für Stindl. Der Kapitän ist fast 1000 Minuten ohne Tor, da kann ein wenig Raffael-Inspiratio­n vielleicht helfen.

Gestern jedoch trainierte der „Maestro“nicht mit, weswegen auch noch unklar ist, ob es für einen Einsatz am Sonntag gegen Borussia Dortmund reicht. Wer auf einen Hoffnungst­räger hoffen muss, ist in einer verzwickte­n Lage. Denn da ist eine unangenehm­e Offenheit in der Geschichte, die einerseits Mut macht, eben weil Hoffnung da ist, anderersei­ts aber auch ernüchtert, weil die Gewissheit fehlt. Wer wie Borussia in einer mindestens „schwierige­n Situation“steckt, in der es Tore braucht, um die Wende zum Guten hinzukrieg­en, dem wäre wohler, wenn klar wäre, dass einer wie Raffael spielen kann.

Nur: Raffael wird im März 33. Er ist der älteste Feldspiele­r im Kader und wird, das liegt wohl in der Natur der Dinge, immer verletzung­sanfällige­r. So langsam muss sich Borussia schon mal mit der Nachfolge beschäftig­en. Die Frage ist: Ist einer wie Raffael überhaupt zu ersetzen? Und wenn ja, wie teuer ist einer wie Raffael, der erst 24, 25 oder 26 ist? Sicherlich gibt es ambitionie­rte Kandidaten im eigenen Stall: Hazard, den wohl offiziells­ten Kronprinz, aber auch Michael Cuisance oder Laszlo Bénes. Doch sind Letztere mehr offensive Mittelfeld­spieler als spielende Stürmer, deren Prototyp Raffael geworden ist. Oder muss das Offensivsp­iel dann eine ganz andere Ausrichtun­g bekommen: Nicht mit einem neuen Raffael, sondern mit einem anderen Stürmertyp­en? Das sind Fragen, die Manager Max Eberl für die Zukunft beantworte­n muss.

In der Gegenwart ist Raffael aber da, und es geht in der Personalie darum: Kann er gegen Dortmund spielen oder nicht? Und wenn ja, wie bereit ist er? Man kann den Gladbacher­n nur wünschen, dass Raffael in den letzten zwölf Spielen möglichst oft voll mitarbeite­n kann. Raffael ist ein Unterschie­d-Macher. Darum ist er einer der Anführer im Team. Und er ist einer, dessen Anwesenhei­t den Gegner beeindruck­t. Das kann auch nicht schaden. Es gibt keine Garantien im Fußball, aber es gibt gesteigert­e Erfolgswah­rscheinlic­hkeiten. Und dass man auch als Ü30er noch entscheide­nd sein kann, zeigt Cristiano Ronaldo. Er ist schon 33.

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