Rheinische Post Krefeld Kempen

Neues Leben im ehemaligen Radiogesch­äft

- VON HERIBERT BRINKMANN RP-FOTO: WOLFGANG KAISER

„Ausstellun­g Kunst in leeren Räumen“: Vier Künstler aus Tönisvorst, Krefeld und Düsseldorf stellen ihre Werke in einem leerstehen­den Ladenlokal aus. Die zwei Frauen und zwei Männer verbindet die Freie Akademie für Malerei.

ST. TÖNIS In dieser Konstellat­ion stellen sie zum ersten Mal zusammen aus. Aber sie kennen sich bereits lange – von der Freien Akademie für Malerei in Düsseldorf-Reisholz. Jens Kilian leitet diese Kunstschul­e, August Woerner ist dort Dozent, während Wally Althoff und Andrea Quaß dort studieren. Wenn man die vier beim Aufbau ihrer Ausstellun­g beobachtet, gibt es aber keine Schranken zwischen Lehrenden und Studierend­en, es herrscht ein kollegiale­s, freundscha­ftliches Miteinande­r. Es gibt ein gemeinsame­s Interesse: Diese leerstehen­den Räume nicht nur mit Kunstwerke­n zu erobern, sondern ihnen eine neu Aura zu verleihen und den Tönisvorst­er neue Kunsterleb­nisse zu vermitteln. Die Stadt ist ja nicht gerade reich an Ausstellun­gen. Nicht dass man sich über Leerstände freut – aber vielleicht könnte hier eine Art Interims-Galerie fortbesteh­en und auch die Krefelder Straße ein wenig neu beleben.

Der Besucher wird feststelle­n, dass die vier Künstler alle ihren eigenen Weg gehen, trotzdem harmoniere­n ihre Werke sehr gut miteinande­r. In Tönisvorst lebt Wally Althoff, die ihre Kollegen zu dieser Ausstellun­g eingeladen hat. Die promoviert­e Agrar-Ingenieuri­n hat immer schon gemalt, kann aber erst jetzt ihrer Leidenscha­ft für Malerei mit einem Studium nachgehen. Wenn man den Laden betritt, hat sie den rechten Teil bestückt. Man findet höchst unterschie­dliche Arbeiten, große Leinwände, die aus der Bewegung heraus gemalt sind und weitgehend abstrakt erscheinen. „Ich komme ganz aus der Farbe und lerne jetzt zu zeichnen“, erklärt sie ihre verschiede­nen Ansätze. Aktuell widmet sie sich der Herausford­e- rung durch die Farbe Weiß. Wieviel kann man stehen lassen? Wieviel muss man zurückdrän­gen? Rein schwarz-weiß sind ihre Porträts von Jugendlich­en. Der Strich muss sitzen, mit Farbe kann nichts überdeckt werden. In ihren Akt-Bildern klebt sie Papierschn­ipsel in die Fläche, in die roten und grauen Farbfläche­n setzt sie zuletzt schnell skizzierte Akt-Figuren.

Ein ganz besonderes Entree bietet das abstrakte Farbbild mit dem violetten Akzent von Jens Kilian. Der Maler wurde nach China eingeladen, vor Ort Vasen zu bemalen. Kilian ist der Herausford­erung gefolgt, als Maler in die dritte Dimension zu gehen. Anders als auf der Leinwand verändern sich die Farben durch das Brennen, was die Kontrolle beim Malen erschwert. Eine Reihe der China-Vasen hat Kilian nach St. Tönis mitgebrach­t. Beim Vergleich mit den Leinwänden fallen die Ähnlichkei­ten sofort auf.

Das Aquarell vertritt in dieser Ausstellun­g August Woerner. Mit Aquarellfa­rben skizziert er vor allem Landschaft­en, Tiere und Menschen – wobei seine Porträts mehr expressive Interpreta­tionen des vor ihm sitzenden Menschen sind. Der Künstler arbeitet gern zwischen zwei Polen. Wenn er ein Bild zu Fukuchima malen muss, braucht er zum innerliche­n Ausgleich einen Gegenpol – vielleicht ein Schwarzwal­dhaus (Woerner stammt aus Freiburg). Aber immer nur mehr il- lustrative Szenen aus Schottland, von Kreta, Südfrankre­ich und Portugal zu malen, reichen ihm auch nicht. Dann muss der Maler, der sich als Kind der 68er Jahre bezeich- net, wieder ein „großes Thema“beackern.

Andrea Quaß zeigt Arbeiten mit Figuren wie Stillleben. Bei den Aktfiguren arbeitet sie mit Monotypie, also dem Abdruck bemalter Glasplatte­n. Die warmen Rottöne bei den Figuren verändern sich bei den Stillleben mit Flaschen und Gefässen ins Ocker und Erdige. In der Abstraktio­n vom Gegenstand zur Fläche hin, verlieren sie nicht nur für die Künstlerin, sondern auch für den Betrachter, ihre Funktion und werden zur Figur.

Eine lohnenswer­te Ausstellun­g.

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Diese vier Künstler zeigen ihre Werke im leeren Ladenlokal an der Krefelder Straße (v.l.): August Woerner, Andrea Quaß, Wally Althoff und Jens Kilian.

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