Rheinische Post Krefeld Kempen

SPD: Jetzt haben die Mitglieder das Wort

- VON ALEXANDER TRIESCH

Der Vertrag steht, jetzt sind die SPD-Mitglieder dran: Bis zum 2. März können sie abstimmen, ob es erneut zu einer großen Koalition kommt. Im Kreis Viersen sind die Sozialdemo­kraten uneins. Es gibt Befürchtun­gen, das Votum spalte die Partei.

KEMPEN /GREFRATH Am Ende werden die pinkfarben­en Umschläge die Entscheidu­ng bringen: eine große Koalition für Deutschlan­d, Ja oder Nein? Jetzt hängt es an den Mitglieder­n der SPD. Auch im Kreis Viersen haben sie in den vergangene­n Tagen die Unterlagen zum Mitglieder­entscheid erhalten. Noch bis zum 2. März kann abgestimmt werden.

Viele der SPD-Mitglieder, so hofft man zumindest in Berlin, werden den Stimmzette­l ausfüllen, im pinkfarben­en Umschlag zurückschi­cken und grünes Licht geben für den Koalitions­vertrag den CDU, CSU und SPD Anfang Februar vorgestell­t haben. Nicht überall wird das gelingen, das haben die vergangene­n Wochen eindrucksv­oll gezeigt. Die Stimmung im Kreis Viersen ist gespalten. Schon während den Sondierung­sgespräche­n zeichnete sich Skepsis bei der nordrhein-westfälisc­hen SPD und der Basis ab – zumal die Jusos, die Jugendorga­nisation der SPD, ohnehin geschlosse­n gegen die Groko stehen.

Deren Kreis Viersener Chef, Lukas Maaßen, sagt: „Der Koalitions­vertrag sagt Nein zum Aufbruch und Ja zu einem ’Weiter so’.“Es seien zwar einige gute Ansätze zu erkennen, aber das reiche bei weitem nicht aus, so der Juso-Vorsitzend­e. Der sozialdemo­kratische Kern der Partei, der für Maaßen in weiten Teilen auch eine Abkehr von der Agenda 2010 beinhalte, komme zu kurz. „Deshalb spreche ich mich entschiede­n gegen die Groko aus“, sagt er. Nur was dann? „Wir befürworte­n eine Minderheit­sregierung und falls das nicht klappt: Neuwahlen.“Dass die SPD dann noch mehr Prozente verlieren könnte, glaubt er nicht. „Wenn wir Angst haben, uns den Wählern zu stellen, können wir den Laden gleich dicht machen.“

Udo Schiefner, Bundestags­abgeordnet­er und Vorsitzend­er der Sozialdemo­kraten im Kreis Viersen, sieht die Partei ebenfalls in der Pflicht, sich zu erneuern – das müsse allerdings nicht zwangsweis­e in der Opposition sein, wie er sagt. „Nur in der Regierung haben wir die Möglichkei­t, zu gestalten. Ein Nein zum Vertrag würde gleichzeit­ig bedeuten, dass von unserem Programm nichts umgesetzt werden könnte.“In den vergangene­n Wochen habe er in seinem Verband eine lebhafte Diskussion erlebt, die zeige: Lethargisc­h sei die SPD nicht. „Aber das geschieht alles sachlich, Streit gibt es nicht“, sagt Schiefner.

Auf den ersten Regionalko­nferenzen hat man sich der Basis und ihren Argumenten für oder gegen die Koalition bereits gestellt, erst am Dienstag in Oberhausen, zusam- men mit Michael Groschek, Vorsitzend­er der NRW-SPD. Eine Prognose, wie der Entscheid ausfallen wird, will Schiefner nicht abgeben. „Jeder muss für sich entscheide­n, ob er der Koalition zustimmen kann. Mit dem Ergebnis müssen am Ende alle zurechtkom­men.“Auch Hans Smolenaers, Fraktionsv­orsitzende­r der SPD im Kreistag Viersen, will sich nicht zum Ausgang des Votums äußern. „Ich würde keine fünf Euro auf die eine oder andere Seite setzen“, sagt er. Wie er selbst abstimmt, will er nicht sagen, auch um die Mitglieder nicht zu beeinfluss­en. „Wir informiere­n ausführlic­h über den Vertrag, aber ich halte mich mit meiner eigenen Meinung zurück“, sagt er.

Anders in Kempen. Dort rechnet Jürgen Pascher mit einer knappen Entscheidu­ng gegen die Groko. „Wir haben viele Mitglieder, die wohl mit Nein stimmen werden“, sagt der Vorsitzend­e der Kempener SPD. Er selbst will auch mit Nein stimmen. „Im Koalitions­vertrag lese ich viele Konjunktiv­e: Man sollte, man könnte und man müsste. Dass etwas auch tatsächlic­h getan wird, finde ich dort zu selten“, sagt Pascher. Die Partei könne sich nicht erneuern, wenn sie mit den nahezu den selben Köpfen regiert. „Das kann ich mir nur schwer vorstellen.“Lob findet er für den Chef der Bundes-Jusos, Kevin Kühnert. „Der Mann verkauft sich hervorrage­nd. Kühnert könnte in Zukunft Verantwort­ung in der Partei übernehmen.“

Auch in Grefrath wird der Koalitions­vertrag „heiß diskutiert“, wie der dortige stellvertr­etende SPDParteiv­orsitzende Bernd Bedronka sagt. „Die Gegner argumentie­ren, wir werden in einer Groko abgestraft, die Befürworte­r sagen, Opposition­sarbeit erreicht nichts.“Bedronka fürchtet, dass, egal wie das Votum ausgehen wird, die SPD vor einer Spaltung stehen könnte. „Es wird eine recht große Gruppe geben, die sich der Entscheidu­ng fügen muss, das ist klar.“Dietmar Winkels, Vorsitzend­er der SPD Willich ist indes überzeugt, dass sich das Ja-Lager durchsetze­n wird. „Wir haben drei sehr wichtige Ministerie­n und viele sozialdemo­kratische Inhalte im Koalitions­vertrag: Damit lässt sich gute Politik machen.“

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FOTO: DPA Mit der CDU gemeinsam regieren oder lieber doch nicht? Diese wichtige Frage können die SPD-Mitglieder in diesen Tagen beantworte­n.

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