Rheinische Post Krefeld Kempen
Jede Menge Handlungsempfehlungen
Nach einer mehr als vierjährigen Vorgeschichte von „Wohnen im Alter“hat der Stadtrat dem Handlungskonzept „Wohnen in Tönisvorst“zugestimmt. Mit Infoständen auf dem Handwerkermarkt hat das Projekt begonnen.
TÖNISVORST Die Wohnungslage in Tönisvorst ist angespannt. Leerstehende Mietwohnungen gibt es so gut wie keine. Seit Jahren ist der Neubau von öffentlich geförderten Wohnprojekten eher rückläufig. In den nächsten Jahren werden zudem etliche „Sozialwohnungen“aus der Bindungsfrist fallen und nicht mehr mietpreisgebunden sein. Auf der anderen Seite steigt die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum stetig an. Dies liegt an der steigenden Zahl ärmerer Menschen sowie der gestiegenen Zahl von bleibeberechtigten Flüchtlingen, die auf dem Wohnungsmarkt mit Wohnraum versorgt werden müssen.
Das alles sind keinen neuen Erkenntnisse, sondern Ergebnisse jahrelanger Arbeit am Thema Wohnen im Alter in Tönisvorst. Stand dieses Fazits ist der August 2017. Ende des vergangenen Jahres hat dann der Stadtrat dieses Papier abgesegnet. Der Arbeitskreis, der dieses Papier erarbeitet hat, tagt zwar weiter. Zu fragen bleibt aber doch, wie geht es weiter, welche Konsequenzen werden gezogen und in konkrete Maßnahmen gegossen?
Immerhin spricht das Papier konkrete Handlungsempfehlungen aus: Es fehlen vor allem kleinere preisgünstige Wohnungen bis zu einer Größe von 55 Quadratmeter für Single-Haushalte sowie preiswerter, familiengerechter Wohnraum für Familien mit mehreren Kindern. Aufgrund des demografischen Wandels rechnen die Autoren dieses Papieres mit einem steigenden Bedarf an kleinen kostengünstigen Singleoder Paar-Wohnungen.
Was das Wohnen im Alter anbetrifft, gelte es, den Neubau von barrierefreien Wohnungen mit einer Wohnfläche von 50 bis 75 Quadratmeter in zentraler Lage für kleine Haushalte zu fördern.
Bei den über 55-Jährigen können sich 14,6 Prozent der Befragten vorstellen, im Alter in einer Wohnung eines Mehrfamilienhauses mit Gleichgesinnten zu wohnen, lieber noch zusammen mit auch jüngeren Hausbewohnern.
Entsprechende Wohnprojekte gibt es in dieser Form in Tönisvorst noch nicht, so dass in Zukunft eine Förderung solcher Wohnformen erfolgen sollte. Ein weiterer Fokus muss, so das „Handlungskonzept“, in den kommenden Jahren auf die Schaffung von Wohnungen mit Service gerichtet werden. Nach dem Pflegebedarfsplan 2017 des Kreises Viersen gibt es im Stadtgebiet Tönisvorst 16 Wohnungen (Stand 30. Juni 2016) mit Service, benötigt werden allerdings 170 Wohnungen dieser Art bis zum Jahr 2020 – das sind auch nur noch zwei Jahre Zeit.
Doch eine Agenda ist bisher nicht erkennbar. Nun baut ja die Stadt nicht selber, aber der Stadtrat bestimmt durch seine Planungen und auch durch die Preise bei Grundstücksverkäufen, wer und was in Tönisvorst gebaut wird. Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen sind bisher eher die Ausnahme. Stadtplanung bedeutet auch eine Infrastruktur mit Spielplätzen und Kita-Plätzen. Eine vorausschauende Planung stellte eine geeignete Nachnutzung der bestehenden Immobilien durch Familien mit Kindern sicher, wenn die „alten Bewohner“aus diesen Häusern weggezogen sind. Viele Senioren, die länger in ihren Immobilien bleiben wollen, brauchen Hilfe bei der Versorgung des Haushaltes, des Gartens und bei technischen Geräten. Entsprechende Strukturen sind bislang nicht ausreichend vorhanden. Es gibt also noch viel zu tun.