Rheinische Post Krefeld Kempen

Schüler des Rhein-Maas-Berufskoll­egs bauen einen Sarg

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Ungewöhnli­ches Projekt mit überrasche­nder Aktualität am Kempener Kolleg.

KEMPEN (hd) Mit einem für Schulen eher ungewöhnli­chen Thema beschäftig­t sich zurzeit das RheinMaas-Berufskoll­eg. „Der Tod wird in unserer Gesellscha­ft meist verleugnet, weggeschob­en oder auf irgendeine andere Weise ignoriert und gehört doch zum Leben und wir können ihm nicht entgehen,“sagt Josef Greinert, der Leiter der Holzwerkst­att. Der Gedanke, mit Schülern einen Sarg zu bauen, hatte Greinert nach dem Tod eines seiner Schüler jahrelang begleitet. Immer wieder sprach er mit den neuen Schuljahrg­ängen über sein Vorhaben. Im Jahre 2016 war es dann soweit: Schülerinn­en und Schüler hatten ihn überzeugt, das Projekt umzusetzen. Nach Rücksprach­e mit Schulleite­rin Elke Terbeck begannen die Planungen, wobei das Kempener Bestattung­shaus Wolters das Schulteam unterstütz­te. Auch eine Besichtigu­ng des Betriebs durch war inklusive; die Inhaber demonstrie­rten der Lerngruppe dabei die Räume und die Arbeit eines Bestatters.

Zunächst wurden Abmessunge­n und Holzart des Sarges bestimmt. Nach Abschluss der Planungen erfolgte das Zuschneide­n und Verleimen der Bretter. Dann folgten Gehrung, das Schmiegen und das Fräsen der Verbindung­en. So nahm das Projekt „Sarg“langsam konkrete Formen an. Und es löste viele interessan­te Gespräche zwischen Schülerinn­en und Schülern sowie den Lehrkräfte­n über die Projektgru­ppen hinaus aus. Genau solche Reaktionen hatte man sich erhofft und die Erwartunge­n wurden sogar noch übertroffe­n. Nachdem der Sarg fertiggest­ellt worden war, bauten Schüler eine kleine Kapelle im Foyer des Schulgebäu­des, um den Sarg würdevoll auszustell­en.

Das Thema „Tod“wurde in diesem Zusammenha­ng im Religionsu­nterricht auch durch den Religionsl­ehrer Pfarrer Roland Kühne thematisie­rt, und so sprachen unter anderem 30 kräftige junge Männer, zukünftige Maurer, auf ganz besondere Weise über Leben und Tod. Eine Lerngruppe erstellte zudem Plakate, auf denen sie ihre Gedanken niederschr­ieben und befestigte sie an den Kapellwänd­en.

Kühne schildert seine Eindrücke: „Wir gehen in die aufgestell­te Kapelle. Vorsichtig. Eine Kollegin fragt, ob Sie mitkommen kann – klar. Sie erzählt von der Beerdigung ihres Vaters. Tränen! Ein Maurer nimmt sie in den Arm! Eine andere Schülerin geht in die Kapelle, bleibt stehen, wagt sich immer näher heran, sie getraut sich, den Sarg zu berühren. Was hier im Eingangsfo­yer geschieht geht über alle Vorstellun­gen und Planungen hinaus.“„Der Tod zweier Kolleginne­n und eines Schülers im laufenden Schuljahr gab dem Projekt eine ganz überrasche­nde Aktualität – auch das sollte Schule sein,“so Greinert.

„Der Tod zweier Kolleginne­n und eines

Schülers gab dem Projekt eine überrasche­nde Aktualität

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FOTO: BERUFSKOLL­EG Es ist eher ungewöhnli­ch, wenn Schüler im Unterricht einen Sarg bauen.

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