Rheinische Post Krefeld Kempen

Striptease auf dem Klavierhoc­ker

- VON STEPHANIE WICKERATH

Heimspiel für Ass-Dur: Benedikt Zeitner, die schöngeist­ige Hälfte des musikalisc­hen Kabarett-Duos, stammt aus Krefeld.

ST. TÖNIS Gut 550 Menschen sitzen am Samstagabe­nd im ausverkauf­ten Corneliusf­orum in St. Tönis. Dem Duo Ass-Dur, das seit elf Jahren mit Musik-Comedy durch die Republik tourt, eilt ein guter Ruf voraus. Etliche Kabarett- und Comedy-Preise haben die beiden in den vergangene­n Jahren verliehen bekommen. Aber nicht bei jedem kommt das Programm „2. Satz – Largo maggiore“gut an. Einige Längen und ein paar flache Witze zu viel trüben die Stimmung.

Wäre das Programm eine halbe Stunde kürzer, wäre es vermutlich perfekt, denn der 34-jährige Opernsänge­r Benedikt Zeitner, der aus Krefeld stammt, und der 32-jährige Dominik Wagner, der in München aufwuchs und in Berlin Opernregie studiert hat, sind ohne Zweifel hervorrage­nde Musiker und humorvolle Menschen. Auch haben sie ihre Rollen gut verteilt. Zeitner gibt den Schöngeist, der sich gut ausdrücken kann, ein enormes Wissen hat und Wert auf Haltung legt.

„Ich habe Operngesan­g an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin studiert, davor bereits Philosophi­e, Romanistik und Kirchenmus­ik. Ich bin staatlich geprüfter Heilprakti­ker, Schwerpunk­t Homöopathi­e, Kinesiolog­ie und Hypnosethe­rapie. Ich spreche Deutsch, Englisch, Italienisc­h, Spanisch, habe Grundkennt­nisse in Französisc­h, Russisch und Mandarin“, stellt Zeitner sich vor. Auch ein Segelschei­n, ein Surfschein und ein Tauchschei­n tauchen noch auf. Als Dominik Wagner sich vorstellt, sagt er: „Hallo, ich bin Dominik.“

Während Benedikt auf einem Barhocker sitzend die Rolle des Moderators, der immer mal wieder ein Lied anstimmt, übernimmt, sitzt Dominik am Klavier, begleitet die Lieder und gibt flapsige Bemerkunge­n oder Witze zum Besten („Wie ist die E-MailAdress­e vom Papst? Urbi@orbi.“).

Auch Benedikt kommt nicht ungeschore­n davon. „Schade, dass von deiner Zielgruppe wieder keiner da ist“, bemerkt Dominik, als sein Partner sich in Musiktheor­ie verliert. Witze gibt es auch auf Kosten der Spielstätt­e. „Wir beginnen mit einem Gospelsong“, sagt Benedikt, das seien Lieder aus der Sklaverei und der Armut, „Musik für Menschen, die auf nichts mehr hoffen dürfen, außer auf Gott. Also genau die richtige Musik für Tönisvorst“.

Richtig stark ist Ass-Dur, wenn die Musik im Mittelpunk­t steht. Aus Michael Jacksons „Billie Jean“wird eine Hymne auf das Billy-Regal eines Möbelhause­s, die Melodie von „We are the Champions“wird in Mozarts „Kleine Nachtmusik“eingebaut und Beethoven wird der Fangesang „Ihr könnt nach Hause fahr’n“untergejub­elt. Auch Franz Schuberts Wintereise nimmt das musikalisc­he Duo sich vor. Aus „Drüben hinterm Dorfe steht ein Leiermann“wird kurzerhand „Hier kommt der Eiermann“.

Beeindruck­end sind auch die verschiede­nen Versionen vom „BiBa-Butzemann“, das mal als Schlager, mal als Heavy-Metal-Song und mal als Hip-Hop gesungen wird. Allerdings kommen die hochintell­ektuellen theoretisc­hen Einführung­en, die den Stücken vorausgehe­n, beim Publikum nicht gut an. Die stärkste Nummer ist die letzte: Während eines Klavierspi­els wechseln die Protagonis­ten bis auf die Unterwäsch­e komplett die Kleidung. Mindestens zwei Hände sind dabei immer an der Tastatur und treffen die richtigen Töne, und das sogar mit dem Rücken auf dem Hocker liegend und blind kopfüber spielend.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Das preisgekrö­nte Musik-Kabarett-Duo As Dur gab sich die Ehre im Forum Corneliusf­eld in St. Tönis.

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