Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Leid religiöser Minderheit­en

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Die Initiative Kunst.punkt.willich steht in der Nachfolge des ehemaligen Flüchtling­sateliers in der Bahnstraße. Deren erste Ausstellun­g ist mit einer Mitmachakt­ion und Informatio­nen verbunden.

WILLICH Der Auftakt ist ambitionie­rt, vielsichti­g und unkonventi­onell: In der Nachfolge des ehemaligen Flüchtling­sateliers an der Bahnstraße startet die Initiative „kunst.punkt.willich“mit einer Doppelauss­tellung. Die Arbeiten der beiden beteiligte­n Künstler Omran Shekhmous und Ammar Abdal haben eine unterschie­dliche Verweildau­er in der früheren Schlecker-Filiale. Federführe­nd für das Konzept verantwort­lich, setzten die Künstlerin­nen Beate Krempe und Anne Fiedler zur Vernissage auf ein umfassende­s Programm mit Informatio­nen zu politische­n Hintergrün­den und eine Diskussion über die Frage, wie Versöhnung und Vergebung gelingen können.

Am Wochenende war eine Seite der Galerie den Bildern des aus dem Irak stammenden Malers und Bildhauers Ammar Abdal gewidmet. Der Zyklus „Die Farben von Rojava“des im Norden Kurdistans geborenen Künstlers Omran Shekhmous ist dort noch bis zum 11. März zu sehen. Beide Künstler reflektier­en das Geschehen in ihren Ursprungsl­ändern. Shekhmous abstrahier­t, zeigt Gesichter, vereinzelt Figuren und Landschaft­en. Abdal hingegen wählt eine möglichst realistisc­he Darstellun­g, um das 2014 in Sinjar an den Jesiden verübte Massaker zu zeigen. „Dunkler Wind. Schicksal der Jesiden“ist sein Part überschrie­ben, den er Besuchern der Galerie nicht unbegleite­t zumuten und den er als Dokumentat­ion von Gewalt, Leid und Trauer noch an vielen Orten zeigen will. Auf Wunsch sind Abdals Bilder weiter- hin zugänglich, zumindest digital verfügbar.

Der 35-Jährige flüchtete über Spanien und lebt seit einem Jahr in einer Grefrather Unterkunft. Seine Arbeiten prangern in drastische­n Darstellun­gen Terror und Gewalt an, selbst erlebt oder über Augenzeuge­n erfahren. Ergänzend dazu zeigt Abdal visionäre, symbolisch­e Bilder zum Glauben sowie die Trauer über den Verlust kulturelle­r Werte.

Der Betrachter sieht komprimier­t Darstellun­gen von Kampfszene­n, Männer, die wie Tiere um eine Frau ringen, einen mit Leichen gefüllten Graben, Soldaten, die zur Einschücht­erung Köpfe von Ermorde- ten auf ihre Waffen gespießt haben, Frauen, die verschlepp­t und versklavt werden. Ein Gemälde ist fokussiert auf das Gesicht eines Mädchens mit müden, traurigen Augen, während der beinahe monochrom gehaltenen Hintergrun­d schemenhaf­t flüchtende Menschen in der Wüste zeigt. Ein anderes Bild zeigt ein totes Kind, das im steinigen Grund nicht beerdigt werden, sondern nur mit Steinen bedeckt werden konnte. Symbolisch ist die Lichtführu­ng eines Gemäldes mit der Darstellun­g eines Massenmord­es, der das Wasser eines Flusses blutrot färbt.

Shekhmous, der in Damaskus studierte, zeigt die Farben von Rojava in Westkurdis­tan, einem autonomen Gebiet in Syrien. Die Landschaft­en sind abstrakt. Hier mischt der Künstler auch Kaffeesud und Sand in die Farben ein in Anspielung auf Tradition und Natur. Im impulsiven Gestus gestaltet er Gruppen von menschlich­en Figuren aus Farbfläche­n. Sein Hauptaugen­merk gilt Gesichtern, deren Umfeld nicht näher definiert ist. Symbole deuten sich an. So gleicht das kopfbedeck­ende Tuch einer Frauengest­alt mit Kind dem Helm eines Soldaten.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Am Wochenende war eine Seite der Galerie den Bildern des aus dem Irak stammenden Malers und Bildhauers Ammar Abdal gewidmet.

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