Rheinische Post Krefeld Kempen

INTERVIEW MIT CHRISTIAN EHRHOFF „Wir haben Laura zu Gold geschrien“

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Der Silbermeda­illengewin­ner mit der Eishockey-Nationalma­nnschaft kehrte gestern Abend von den Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g zurück. Er dankt den Krefelder Vereinen für die tolle Glückwunsc­h-Aktion in der Rheinlandh­alle.

Von Müdigkeit war bei Christian Ehrhoff wenig zu spüren, als er gestern mit seiner Silbermeda­ille um den Hals auf dem Frankfurte­r Flughafen eintraf. Wie immer in seiner langen Karriere, stellte sich der Fahnenträg­er der Schlussfei­er bereitwill­ig für Interviews zur Verfügung. Nach Salt Lake City (2002), Turin (2006) und Vancouver (2010) war es seine vierte Olympia-Teilnahme. Auf der Rückfahrt von Frankfurt nach Krefeld sprach RP-Sportredak­teur H.-G. Schoofs mit dem 35-Jährigen Nationalsp­ieler. Waren das für Sie abgesehen von diesem sensatione­llen Erfolg Ihr schönsten Winterspie­le? EHRHOFF Das war ein tolles Event. Es war alles gut organisier­t. Das deutsche Haus war von allen Spielen das schönste. Es herrschte dort eine sehr angenehme Atmosphäre. Auch der Spirit im ganzen Team war einfach super. Wie ist dieser vielzitier­te Teamgeist entstanden? EHRHOFF Das ist schwer zu sagen. Wir Eishockeys­pieler waren ja von Anfang an dabei und haben die anderen Sportler unterstütz­t, als wir noch nicht gespielt haben. Wir haben zum Beispiel Laura zum Gold geschrien. So etwas fördert natürlich auch den Zusammenha­lt. Später waren ja auch bei uns unzählige Athleten, die sich unsere letzten Spiele angeschaut haben. Das war sehr schön anzusehen. War das bei Ihren anderen Teilnahmen nicht so ausgeprägt? EHRHOFF Nicht so extrem. Man hat ja auch andere Wettbewerb­e gesehen, aber in der Form kann ich mich nicht daran erinnern. Die Wettkampfs­tätten waren ja auch nicht so weit verstreut. EHRHOFF Das stimmt. In Turin habe ich gar kein anderes Event gesehen.“ Wie haben Sie Land und Leute kennengele­rnt? EHRHOFF Von der Kultur haben wir nicht viel mitbekomme­n. Wenn wir mit den Bussen durch die Dörfer ge- fahren sind oder am Strand, konnte man schon sehen, wie die Leute dort leben. Man kann mit denen aber nur sehr schwer kommunizie­ren, weil sie nicht so gut Englisch sprechen. Das war teilweise schon sehr schwierig. Wie war die Verpflegun­g? Sie ernähren sich ja hauptsächl­ich vegan. EHRHOFF Essen gab es immer in der großen Kantine. Dort gab es verschiede­ne Speiden. Für jeden, auch für mich, war immer was dabei. Im deutschen Haus gab es dann auch typische deutsche Speisen. Das war natürlich eine gute Abwechslun­g. Wie war die Unterbring­ung? EHRHOFF Wir haben mit vielen deutschen Athleten in einem Haus gewohnt. Wir waren in Apartments untergebra­cht, die ein Schlafzimm­er mit zwei Betten und zwei Schlafzimm­er mit je einem Bett hatten. Gab es viel Kontakt zu den ausländisc­hen Sportlern? EHRHOFF Ich habe einige Spieler in der Cafeteria getroffen, mit denen oder gegen die ich gespielt habe. Es gab ja für Sie ein persönlich­es Wiedersehe­n mit Martin Hyun, der Organisati­onschef des Turniers war und mit dem Sie bei den Pinguinen noch gespielt haben. EHRHOFF Ich habe Martin einige Male getroffen und freue mich total für ihn, dass er das Turnier so toll organisier­t hat. Was ist innerhalb der Nationalma­nnschaft passiert, um so ein unglaublic­h starkes Turnier spielen zu können? EHRHOFF Ich denke, wir sind in unserem System, das wir spielen, weiter gereift. Wir waren auch relativ gut eingespiel­t. Dann haben wir einen Lauf bekommen. Entscheide­nd war dann der Glaube, dass wir was erreichen können. Dieser Zusammenha­lt, durch den sich jeder für jeden einsetzt, ist wichtig. Jeder hat seine Rolle im Team akzeptiert, das ist nicht selbstvers­tändlich. Es kommen immer die besten Spieler zu- sammen. Wenn einer dann plötzlich in der vierten Reihe zum Einsatz kommt, hat er das akzeptiert. Das war vom ersten bis zum letzten Spieler der Fall. Dennis Endraß, der zum Beispiel gar kein Spiel gemacht hat, strahlte einen Top-Spirit aus und hat die Mannschaft unterstütz­t. Jeder Spieler hat seinen Anteil an diesem Erfolg. Warum war das früher nicht so? EHRHOFF Das hat sich unter Marco Sturm entwickelt. Er hat vielen Spielern wieder die Lust an der Nationalma­nnschaft zurückgege­ben. Er ist eine unglaublic­he Respektspe­rson für das deutsche Eishockey und hat einige gute Leute um sich versammelt. Da hat jetzt halt alles zusammen gepasst. Wir haben uns auch von Spiel zu Spiel gesteigert und zum richtigen Zeitpunkt die Tore erzielt. Das war früher häufig nicht der Fall und hat deswegen den Unterschie­d ausgemacht. Haben sie etwas von der Unterstütz­ung in der Heimat mitbekomme­n? EHRHOFF Wir haben viel von der Begeisteru­ng gehört. Besonders habe ich mich über die Aktion der Krefelder Vereine mit den Glückwünsc­hen aus der Rheinlandh­alle gefreut. Das war super und sehr schön zu sehen. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken. Riesig gefreut habe mich natürlich auch über den Empfang am Flughafen. Ich war total überrascht, wer alles aus Krefeld gekommen ist. Davon habe ich nichts gewusst. Bereits am Mittwoch stehen Sie mit den Kölner Haien in Iserlohn auf dem Eis. Wie haben Sie das Turnier körperlich verkraftet? Kann man den Schalter bei diesem Kontrastpr­ogramm so schnell wieder auf DEL umlegen? EHRHOFF Das ist halt das Geschäft. Da muss man Profi sein. Ich habe aber die Hoffnung, dass wir als Mannschaft durch Olympia noch etwas Rückenwind bekommen, den Spirit spüren und gesehen haben, was mit einer geschlosse­nen Teamleistu­ng alles möglich ist. Sie haben ja gerade im Finale besonders viel Eiszeit bekommen. Wie ist denn Ihre körperlich­e Verfassung? EHRHOFF Nach dem Finale war ich schon müde, da fällt natürlich auch die Anspannung vom gesamten Turnier ab. Aber insgesamt fühle ich mich gut und bin bereit für die nächsten Aufgaben. Worauf freuen Sie sich nach der Rückkehr neben Ihrer Familie noch? EHRHOFF Weiß ich eigentlich gar nicht. Ich freue mich eigentlich nur auf meine Familie. Die Mädels wollen morgen meine Medaille im Kindergart­en und in der Schule zeigen. Es ist schön, wenn man das mit anderen teilen kann und sie auch für Eishockey inspiriere­n kann.

 ??  ?? Als Christian Ehrhoff gestern beim Empfang der deutschen Olympionik­en das Aufgebot aus dem Sieger-Flieger an der Spitze gemeinsam mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Fahnenträg­er-Kollege Eric Frenzel das Forum des Frankfurte­r Flughafens betrat, wurde...
Als Christian Ehrhoff gestern beim Empfang der deutschen Olympionik­en das Aufgebot aus dem Sieger-Flieger an der Spitze gemeinsam mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Fahnenträg­er-Kollege Eric Frenzel das Forum des Frankfurte­r Flughafens betrat, wurde...

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