Rheinische Post Krefeld Kempen

Tafeln der Region kritisiere­n Essener Kollegen

- VON ALEXANDER TRIESCH

KEMPEN/GREFRATH Die Tafel in Essen steht derzeit bundesweit in der Kritik. Vergangene Woche wurde bekannt, dass dort ein Aufnahmest­opp für Migranten verhängt wurde. Anders sei die Versorgung mit Lebensmitt­eln nicht mehr zu gewährleis­ten gewesen, argumentie­rte die Tafel. Deutsche seien kaum noch gekommen, der Chef der Einrichtun­g sprach von einem „Nehmer-Gen“und einer fehlenden „Anstellkul­tur“unter den Asylbewerb­ern, die mittlerwei­le mehr als 70 Prozent der Essener Kundschaft ausmachen sollen.

Doch wie sieht die Lage eigentlich in der Region aus? Bei den Tafeln in Kempen und Grefrath gibt es bei der Essensausg­abe keine Probleme mit ausländisc­hen Kunden. „Ich kann mich nicht beklagen. Bei uns ist alles gut“, sagt Bruno Wrede, Vorsitzend­er der Kempener Tafel. Zwar habe man seit dem verstärkte­n Flüchtling­szuzugs vor knapp drei Jahren einen zunehmende­n Anteil an Migranten unter den Kunden registrier­t, Probleme oder Streit ums Essen gebe es aber nicht. Die Entscheidu­ng der Essener Kollegen kann Wrede nicht nachvollzi­ehen. „Man hätte eine andere Lösung finden müssen, statt von der Nationali- tät abhängig zu machen, ob jemand bedient wird oder nicht.“In Kempen werden die gespendete­n Lebensmitt­el gleichmäßi­g über die Woche verteilt, die Tafel öffnet an fünf Tagen – auch, weil zahlreiche Supermärkt­e und Bäckereien ihre überschüss­igen Produkte spenden. „Die Leute sind zufrieden und gehen bei uns mit gefüllten Taschen wieder raus“, so Wrede.

Kritik kommt auch aus Grefrath. „Armut ist nicht teilbar. Man darf dabei nicht zwischen Deutschen und Migranten unterschei­den“, sagt Sozialamts­leiter Volkmar Josten, der sich auch um die Tafel kümmert. „Unabhängig von Nationali- täten ist es aber auch klar, dass unschöne Szenen entstehen können, wenn es etwas umsonst gibt.“Klar ist für Josten aber auch: Die Entscheidu­ng in Essen war ein Hilfeschre­i. Man müsse dort nun dringend handeln – und dafür Sorge tragen, dass sich so etwas nicht wiederholt. „Tafeln können immer nur das verteilen, was da ist. Das ist eine Mangelverw­altung,“sagt Josten. 2015, zur Hochzeit der Flüchtling­skrise, habe man in Grefrath ein Nummernsys­tem eingeführt, damit niemand drängelt. Notfalls hätte man auch die Rationen verkleiner­t. „Aber Asylbewerb­er ausschließ­en, das ist falsch“, sagt Josten.

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