Rheinische Post Krefeld Kempen
Bienes Suche nach den Mördern
Die Willicherin schreibt seit einigen Jahren unter anderem Kriminalromane mit regionalem Esprit.
WILLICH In Deutsch haperte es etwas mit der Note. „Eine Vier. Ich hatte nach Ansicht meiner Lehrerin zuviel Fantasie“, erinnert sich Vera Nentwich, ehemalige Grefratherin mit, wie sie sagt, „männlichem Migrationshintergrund“, und seit 22 Jahren in Willich lebend. „Eine Nacherzählung hatte mehr Worte als das Original.“Fantasie, die ihr aber Jahrzehnte später erheblich zu Gute kommt. Denn inzwischen hat die Willicherin, die mit Kolumnen und Kurzgeschichten begonnen hatte, mehrere Romane veröffentlicht und selbst verlegt. Nun, da sich der schriftstellerische Erfolg einstellt, interessiert sich auch ein Verlag dafür.
Dass sie überhaupt irgendwann eine Autorenlaufbahn einschlagen würde, war nicht von jungen Jahren an klar. Trotz der schon früh konstatierten Fantasie. Statt dessen begann die heute 49-Jährige an der Hochschule in Krefeld zuerst ein Studium zum Ingenieur Verfahrenstechnik. Am Ende wandte sie sich der Computerbranche zu. „IT hat mich immer schon interessiert“, sagt sie. Es war die große Zeit des Aufbruchs in der Branche Anfang der 90er Jahre. Vera Nentwich machte sich mit einer kleinen IT-Firma in Krefeld selbstständig, die Softwarelösungen für Unternehmen entwickelt.
Nebenbei schrieb sie. „Mit der Zeit habe ich mir gesagt, es doch auch einmal mit einem Buch zu versuchen.“Doch der Weg vom fertigen Manuskript bis zu einem Buch im Handel ist weit und steinig; das musste auch Vera Nentwich feststellen. Sie schrieb Verlage an, erhielt aber, wenn überhaupt, nur eine Eingangsbestätigung zurück. „Aber es hat Spaß gemacht.“So viel Spaß, dass sie ein zweites Buch begann, es aber diesmal nicht wieder in die Post gab, sondern es selbst im Internet hochlud. Eine Woche später hatte sie eine Netzrezension mit fünf Sternen erhalten. „Das war ein tolles Gefühl.“So wurde die Öffentlichkeit nach und nach immer mehr auf die Willicherin aufmerksam, ihre Fangemeinde wuchs.
Einem bestimmten Literaturgenre kann man sie nicht zuordnen. Mal ist es eine Lie- besgeschichte, mal sind es Krimis. Von diesen Kriminalromanen existieren drei Bücher, die sich alle um die Heldin Biene Hagen drehen. Heimatkrimis haben eine große Anhängerschaft, denkt man nur an die bekannten Geschichten um Kluftinger im Allgäu oder an die Eifel-Krimis. Biene Hagen, eine gelernte Steuerfachangestellte mit einem ausgeprägten Hang zur Spontanität, der sie immer wieder in skurri- le Situationen bringt, ermittelt hingegen in der Geburtsstadt von Vera Nentwich in Grefrath. „Die Ideen zu entwickeln ist Arbeit“, sagt die Autorin. Zwei bis drei Wochen dauert es in der Regel, um allein das Grundgerüst zu entwerfen.
Ein Krimi sollte realistisch die Arbeit der Polizei darstellen. Darum lässt sie ihre Manuskripte von einer Bekannten, einer Kriminalkommissarin, auf Plausibilität hin durchchecken. Und darum informierte sie sich auch einmal direkt auf einer Wache. Der Beamte sei zwar nicht gerade erfreut gewesen, ihr einiges zu erzählen, schmunzelt sie. Dafür findet er sich jetzt literarisch verarbeitet in Form des mürrischen Kommissars mit dem fiktiven Namen Terhoven wieder.
Erst nach so viel Recherche beginnt das eigentliche Schreiben. Mit viel Lokalbezug, den Vera Nentwich übrigens auch auf Videos auf Youtube ihrer Anhängerschaft näher bringen möchte. Dort nimmt sie die Zuschauer mit durch Kempen und Grefrath, zeigt wichtige Straße, Orte und Häuser, in denen einzelne Szenen und Treffen stattfinden.
In jedem ihrer Romane stecke auch immer etwas Persönliches drin. Gerne hätte sie die Romane auf Platt geschrieben, so wie ihre Lieblingsfigur aus den Krimis, Bienes Oma, spricht. Aber dann hätten nur wenige Leser die Geschichten verstanden.