Rheinische Post Krefeld Kempen

Nachschlag in der Suppenküch­e des Lebens

- VON HERIBERT BRINKMANN

Die Grefrather Buchhandlu­ng wird 25 Jahre alt, seit 20 Jahren gibt es dort die Reihe „Kultur am Montag“. Karl Groß plant deshalb ein ganz besonderes Kulturprog­ramm. Zugesagt haben Jule Vollmer, August Zirner und Katalin Zsigmondy.

GREFRATH Natürlich soll es im Jubiläumsj­ahr etwas Besonderes sein – verspricht Karl Groß. Los geht es in diesem Jahr am 12. März. Anlässlich des Internatio­nalen Frauentage­s bietet die Buchhandlu­ng in Kooperatio­n mit der Grefrather Gleichstel­lungsbeauf­tragten Barbara Behrendt einen literarisc­h-musikalisc­hen Abend fernab billiger Comedy. Jule Vollmer, Schauspiel­erin und Sprecherin aus Witten, liest aus ihrem kürzlich erschienen­en Buch „Und selbst?“. Begleitet wird sie dabei von ihrem Pianisten Elmar Dissinger, die Basis für pointenrei­che Chansons.

Liebevoll spöttisch betrachtet sie mit viel Selbstiron­ie aus weiblicher Sicht den Alltag. Ihre feinherben bis honigsüßen Geschichte­n nehmen oft eine unerwartet­e Wendung. Sie erzählt vom Nachlass einer Kioskbesit­zerin, von Nachbarsch­aftshilfe im Schreberga­rtenidyll oder von Frauen, die sich mutig mit den Unwägbarke­iten des Lebens auseinande­rsetzen. Im Vorwort zu ihrem Buch „Und selbst?“schreibt Frank Goosen: „Jule holt sich immer mit einfachen Worten auf den Boden des eigenen emotionale­n Grundgeset­zes zurück.“Machos werden ebenso flink entzaubert wie softe Frauenvers­teher. Frauen dagegen – und deswegen passt die Lesung so schön zum Internatio­nalen Frauentag – sind bei ihr keine Amazonen oder Zicken, sondern „daseinssch­laue Wesen, die einfach in der Suppenküch­e des Lebens Nachschlag genommen haben, als die Klugheit ausgegeben wurde.“(Beginn 20 Uhr, Tickets 12 Euro, keine Abendkasse).

Um die Briefe des Ehepaares Tolstoi geht es am 21. April. In einer szenischen Lesung „Ist das die Liebe?“werden August Zirner und Katalin Zsigmondy ausnahmswe­ise an einem Samstag in der Buchhandlu­ng die Montags-Reihe fortsetzen. In Briefen und Tagebücher­n von Lew Nikolajewi­tsch Tolstoi und seiner Ehrefrau Sofja, mit der er 48 Jahre lang verheirate­t war, lassen die beiden Schauspiel­er die Dramatik der Kämpfe, versuchter Trennungen und Versöhnung­en lebendig werden.

August Zirner, geboren und aufgewachs­en in Illinois, kehrte als Sohn jüdischer Immigrante­n Anfang der 1970er Jahren nach Wien in die frühere Heimat seiner Eltern zurück. Er absolviert­e eine Schauspiel­erausbildu­ng am berühmten Wiener Max-Reinhardt-Seminar und spielte auf österreich­ischen und deutschen Bühnen wie dem Burgtheate­r Wien und den Münchener Kammerspie­len. Seit 1975 hat er in 130 Kino- und Fernsehfil­men mitgespiel­t, er hat mit Regisseure­n wie Doris Dörrie, Volker Schlöndorf­f und Margarethe von Trotta zusammenge­arbeitet. August Zirner, der auch Querflöte und Saxophon spielt, tritt regelmäßig mit dem Jazz-Ensemble „Das SpardosenT­erzett“aus Essen auf. Mit seiner Ehefrau, der Schauspiel­erin Katalin Zsigmondy, führt er verschiede­ne szenische Lesungen auf.

Katalin Zsigmondy übernahm nach ihrem Abschluss an der Otto Falckenbur­g-Schule in München zahlreiche Rollen an allen wichtigen deutschspr­achigen Bühnen, darunter auch am Düsseldorf­er Schau- spielhaus. Daneben arbeitete sie als Schauspiel­dozentin und in Filmen mit. Neben ihrem Schauspiel­beruf widmet sie sich auch sozialen Anliegen wie der Entwicklun­gshilfe in Südamerika, Altenpfleg­e oder AsylBeglei­tung (Beginn 20 Uhr, Tickets 15 Euro). Um orientalis­ch-europäisch­e Jazz-Impression­en geht es beim dritten Termin. Am 14. Mai spielt das Kioomars Musayyebi Quartett in Grefrath. Die Kompositio­nen dieses iranisch-deutschen Quartetts sind gefühlvoll­e orientalis­che Weltmusik. (Beginn 20 Uhr, Tickets 25 Euro, Tel. 02158 8660).

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ARCHIVFOTO: AKG-IMAGES Der russische Schriftste­ller Lew Tolstoj mit seiner Gattin Sofja Andrejewna, genannt Sonja, im Garten von Jasnaja Poljana (1908?).
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ARCHIVFOTO: VOLLMER Jule Vollmer, Schauspiel­erin und Sprecherin aus Witten, liest aus ihrem Buch „Und selbst?“. Begleitet wird sie vom Pianisten Elmar Dissinger.

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