Rheinische Post Krefeld Kempen
Zum Freuen ist es noch zu früh
Die Basis ist gelegt. Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die ersehnte Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren wieder möglich machen soll. Damit löst sie eines ihrer zentralen Wahlversprechen ein.
Das ist sicher eine gute Nachricht, zum Jubel besteht aber noch kein Anlass. Selbst zentrale Fragen sind noch offen. Etwa, woher die 2200 zusätzlichen Lehrer kommen sollen. Oder wie hoch die Kosten für die Kommunen sind, weil mehr Räume und Gebäude benötigt werden. Für berufstätige Eltern existenziell ist die Frage, ob die Gymnasien ihre Übermittagsangebote im gleichen Umfang aufrechterhalten. Damit nicht genug: 2026 wird es in NRW nur sehr wenige Abiturienten geben, weil die Gymnasien ein Jahr lang ohne Absolventen auskommen müssen. Die Auswirkungen auf ausbildende Betriebe, Unis, aber auch auf wechselwillige Real- und Hauptschüler werden erheblich sein.
Es liegt also noch viel Arbeit vor der Schulministerin. Wie auch immer die Lösungen im Einzelnen ausfallen, das Turbo-Abi sollte eine Mahnung sein. Ein solches Experiment, das eine halbe Schülergeneration ausbaden muss, darf sich nicht wiederholen. BERICHT ABKEHR VOM TURBO-ABI WIRD TEUER, TITELSEITE
So betonhart Nordkoreas Herrscher auch in ihren ideologischen Überzeugungen sein mögen, so wendig können sie sich doch zeigen, geht es um die Sicherung ihrer Macht. Noch vor wenigen Monaten drohte Kim Jong Un den USA und deren pazifischen Verbündeten mit Tod und Verwüstung durch seine neuen Atomraketen. Doch dann schickte er plötzlich eine Delegation zu den Olympischen Winterspielen nach Südkorea, und nun will er sich schon im April mit dessen Präsident Moon Jae In treffen. Eine bemerkenswerte Wende.
Dass Kim plötzlich mit Olivenzweigen winkt statt mit Raketen, hat vor allem mit der Isolation Nordkoreas zu tun, die ein noch nie erreichtes Ausmaß erreicht hat. Zuletzt stellten sich nicht einmal mehr Russland und China im UN-Sicherheitsrat gegen schärfere Sanktionen. Kim geht es darum, diese Front aufzuweichen. Außerdem braucht er Südkorea, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern. Das alles trägt erst einmal zur Entspannung bei, und alle Beteiligten sollten diesem Prozess eine Chance geben. Freilich ohne Naivität: Kim ist kein Friedensengel. BERICHT GIPFELTREFFEN ZWISCHEN NORD- UND . . ., TITELSEITE
JWendiger Kim Jong Un
Zu wenig gelernt
ohnny Bastiampillai war sieben Jahre alt, als er mit seiner Mutter im Bus nach Hause fahren wollte und zu einer Geisel wurde. Die Gladbecker Geiselgangster kaperten 1988 in Bremen einen Bus mit 32 Passagieren. Bastiampillai und die anderen wurden bedroht und erlebten den Mord an einem 15-Jährigen. Nach der Freilassung kam das große Nichts. Von staatlicher Seite habe nie ein Mensch mit ihnen über die Situation gesprochen, sagt Bastiampillai. „Es ist keine Hilfestellung geleistet worden.“
Das Gladbecker Geiseldrama ist zum Synonym für Staatsversagen geworden. Für ihre Einsatzplanung hat die Polizei daraus gelernt, bei der Opferbetreuung sieht es 30 Jahre später besser aus, aber nicht gut genug. NRW hat seit Ende 2017 seine erste Opferbeauftragte. Ein guter Schritt, aber doch zu wenig. Es braucht ein Hilfe-Netz, ein ganzes Team an Unterstützern, eine Koordination staatlicher Stellen. Nicht nur das Betreuungschaos nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz, von dem Opfer und Hinterbliebene berichten, zeigt, dass am Ende nicht genug aus dem Gladbecker Geiseldrama gelernt wurde. BERICHT