Rheinische Post Krefeld Kempen

Borussia: Den Finger in die Wunde legen

- VON KARSTEN KELLERMANN

Raffael fehlt weiter. „Wir werden strukturel­le Dinge anpacken“, sagt Dieter Hecking mit Blick auf die Verletzung­s-Misere.

Raffael war ganz ehrlich. „Es nervt. Ich will dem Team helfen, und es geht nicht“, sagte Borussias Brasiliane­r gestern nach dem Morgentrai­ning. Während seine Kollegen ein Trainingss­pielchen absolviert­en, war Raffael individuel­l unterwegs mit Reha-Trainer Andy Bluhm. „Es geht mir viel besser“, gab Raffael bekannt. Doch am Samstag, wenn das Spiel in Leverkusen ist, wird er wohl nicht dabei sein. Trainer Dieter Hecking hatte in der Vorwoche die leise Hoffnung formuliert, dass es reichen könnte. Doch gestern sagte er: „Ich gehe davon aus, dass Raffael Samstag nicht dabei ist.“Auch danach gegen Hoffenheim wird es vermutlich eng, vielleicht wird es – „realistisc­h“– sogar bis nach der Länderspie­lpause dauern, bis Raffael wieder da ist. Fabian Johnson fühlt sich ähnlich wie Raffael. Seit Dezember plagen den US- Amerikaner Rückenprob­leme, und irgendwie geht es nicht voran. „Es ist möglich, dass er in den nächsten Tagen einsteigt. Aber wenn ein Spieler so lange fehlt, ist er lange nicht in der Verfassung, in der er uns hilft“, sagte Hecking.

Wie Raffael, Johnson und Oscar Wendt absolviert­e auch Laszlo Bénes ein individuel­les Training. „Er ist nach seiner Verletzung vielleicht mit etwas zu viel Euphorie ins Training zurückgeke­hrt, dann war die Belastung zu groß“, so Hecking. Bénes zog sich einen Muskelfase­rriss zu, nachdem er nach seinem Mittelfußb­ruch wieder trainiert hatte.

Auch Raffael hat nach der Zerrung, die ihn gegen Frankfurt und Leipzig von der Arbeit abgehalten hatte, möglicherw­eise zu früh wieder gespielt. Nach dem 45-MinutenEin­satz in Stuttgart jedenfalls „ist zwar nichts passiert, aber die Wade tat wieder weh“, sagte er. Die Schmerzen sind weg, doch wollen die Borussen vorsichtig sein, damit er nicht noch länger ausfällt.

15 gesunde Feldspiele­r starteten gestern in die Vorbereitu­ng auf das Leverkusen-Spiel. „Von einem Elfgegen-elf kann man da nur träumen“, sagte Hecking, der im ersten Training dieser Woche auch auf den erkrankten Denis Zakaria verzichten musste. Neun Spieler fehlten somit. „So eine Situation habe ich in meiner Trainerlau­fbahn noch nicht erlebt“, sagte Hecking. Er hatte vor der Saison die Befürchtun­g, dass es Härtefälle geben würde, wenn Stars wegen der großen Konkurrenz keinen Platz im Aufgebot finden würden. Doch dieses Luxusprobl­em gab es bislang nicht, meist regelt sich die Kader-Zusammenst­ellung anhand des Krankenbul­letins. „Wir müssen immer wieder improvisie­ren. Das führt dazu, dass wir momentan nicht das Niveau haben, um mit den Teams ganz vorne Schritt zu halten“, sagte Hecking. Er will das in- des nicht als Entschuldi­gung für verschenkt­e Punkte anführen, allenfalls als Erklärung für die Instabilit­ät. Spieler wie Raffael, Johnson, Ibo Traoré, Tobias Strobl oder Wendt helfen mit ihrer Routine, ebenso ein Heißsporn wie Bénes.

Schon in der Vorsaison gab es zu viele Verletzung­en – weswegen Andreas Schlumberg­er geholt wurde, um als eine Art Supervisor der medizinisc­hen Abteilung Abläufe zu optimieren. „Er steht außerhalb jeder Kritik. Es ist ja nicht so, dass jemand kommt und gleich alles besser wird. Er analysiert die Situation und legt die Finger in die Wunde“, sagte Hecking. „Wir sind in der Analyse weit fortgeschr­itten. Wir sind nicht so aufgestell­t, wie es sein sollte. Wir werden strukturel­le Dinge anpacken.“Unter anderem „dauert es zu lange, bis verletzte Spieler wieder zur Verfügung stehen“. An der aktuellen Schieflage indes ändert das aber nichts.

 ?? FOTO: REUTERS ?? Dieter Hecking hat Verletzung­ssorgen.
FOTO: REUTERS Dieter Hecking hat Verletzung­ssorgen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany