Rheinische Post Krefeld Kempen
ANALYSE Sie
mischt linkspopulistische mit konservativen Positionen und könnte bald in Rom regieren: Die Fünf-SterneBewegung ist zum Sammelbecken der Enttäuschten geworden – und muss jetzt deren hohe Erwartungen erfüllen.
trotz zweier Vollzeitjobs gerade mal so über die Runden kommen. Menschen, die sich begreiflicherweise nicht viel Gedanken darüber machen, dass die Verbesserung ihrer persönlichen Lebensumstände den mit 133 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ohnehin schon extrem hoch verschuldeten italienischen Staat noch weiter in die roten Zahlen treiben würde. Denn finanziert werden soll das Fünf-Sterne-Paradies durch frische Kredite. Zurückgezahlt werden sollen die Schulden erst, sobald die Wirtschaft durch geplante milliardenschwere Investitionsprogramme wieder brummt. Irgendwann.
Kein Wunder, dass man sich nun außerhalb Italiens größte Sorgen macht, wie dieses neue italienische Experiment ausgehen mag. Noch ist nicht klar, welche Formation zuerst den Auftrag zur Regierungsbildung erhält: das Mitte-Rechts-Bündnis mit der Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia oder die Fünf-Sterne, die als einzelne Kraft mit Abstand am besten abgeschnitten haben. Aber vieles spricht dafür, dass man um die Grillini am Ende nicht herumkommen wird. Rechnerisch möglich wäre ein Regierungsbündnis zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega – eine Art großer Koalition der Populisten –, aber sowohl Sterne-Chef Luigi di Maio wie auch der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini haben eine solche Zusammenarbeit schon kategorisch abgelehnt.
So ist es am wahrscheinlichsten, dass die Grillini ihre Fühler zum bei der Wahl kräftig abgestraften sozialdemokratischen Partido Democratico (PD) ausstrecken. Dessen Chef Matteo Renzi versucht zwar noch, solche Gespräche zu verhindern. Wie unlängst SPD-Chef Martin Schulz will er seine Partei in der Opposition regenerieren. Aber Renzis Position bröckelt. Viele Parteifreunde sehen durchaus Chancen in einem Bündnis mit den unerfahrenen Grillini. Denen droht, einmal an der Macht, freilich ein Schock, wenn sich herausstellt, dass viele ihrer Projekte nur Wunschträume sind. Ob die Bewegung der Realität des Regierens überhaupt gewachsen ist, das ist die große Unbekannte.