Rheinische Post Krefeld Kempen

Riesenseea­dler „Hope“wieder daheim

- VON ANJA WOLLSCHLÄG­ER

Der Riesen-Vogel mit 2,30 Meter Spannweite war vor knapp zwei Wochen aus der Bergischen Falknerei in Remscheid entflogen. In Freiheit hat das unerfahren­e Jungtier stark abgenommen, ist aber sonst wohlauf.

REMSCHEID Betreuer Ramon Raddei (31) nimmt sein Adler-Weibchen vorsichtig auf die Hand. Er ist froh, dass „Hope“wieder zu Hause ist. Dem Kamtschatk­a-Riesenseea­dler war es vor seinem Abflug aus der Bergischen Falknerei im Remscheide­r Ortsteil Grüne wohl zu laut. Motorsägen und Trecker hatten dort geknattert, wo sonst ländliche Ruhe herrscht.

Also hatte der Vogel Reißaus genommen. Das alles war nur möglich, weil der Stahlring von „Hope’s“Drahle, einem speziellen Edelstahlg­elenk, an dem Riemen befestigt werden, dem Zerren des jungen Tieres nicht standgehal­ten hatte. Normalerwe­ise ist dieses Gelenk eine sichere Befestigun­g für Greifvögel, nicht aber für die kräftige „Hope“.

Ramon Raddei erinnert sich noch genau an den Moment, als er beobachtet­e, wie sein Schützling abflog. „Zuerst haben wir sie noch in den Bäumen gesehen, doch dann drehte sie und war weg.“Drei Tage lang fieberte Carola Schossow, die Besitzerin der Bergischen Falknerei, mit ihrem Team um das Jungtier. „Normalerwe­ise“, so Raddei, wird ein so großer Vogel sehr bald irgendwo gesehen. Doch diesmal dauerte der Ausflug länger.

Der erste Anrufer hatte ein Foto mitgeschic­kt, doch kurz vor der Dämmerung wäre das Tier nicht mehr zu erreichen gewesen. Die Falkner machten sich Sorgen, denn zum einen hingen „Hope“noch Lederrieme­n an den Fängen, zum anderen ist sie noch unerfahren. Oder, wie ihr Betreuer sagt: „Ein Feigling – mit Angst vor Schmetterl­ingen.“

Wenig später kam die nächste Nachricht – wieder mit Bild. „Doch auf dem Foto war ein Mäusebussa­rd zu sehen“, erzählt Raddei. „Der Unterschie­d war immens.“Denn ein heimischer Mäusebussa­rd hat lediglich eine Spannweite von gut einem Meter und ist damit nicht halb so groß wie „Hope“. Schließlic­h meldete sich endlich Olaf Brese – ein Falkner aus Ennepetal.

Brese hat ein Jagdrevier im bergischen Radevormwa­ld gepachtet und war dort in den Ortsteil Finkensiep­en gerufen worden. Den „Riesenvoge­l“, der dort gesichtet wurde, fing er ein. Schnell stellte sich heraus, dass es die vermisste „Hope“war. Brese hat Erfahrung mit großen Vögeln. In sein Revier hatten sich auch schon ein Fisch- und ein Weißkopfse­eadler verirrt.

Am Montag konnten die Schossows ihren gefiederte­n Flüchtling abholen. Als erstes bekam das Tier reichlich Futter. „Es soll ja nicht gleich wieder abfliegen“, sagt Carola Schossow. Und Raddei ergänzt: „Greifvögel sind faul. Wenn sie satt sind, fliegen sie nicht.“

Neun Tage außerhalb der heimischen Sitzstange haben Spuren bei dem Riesenseea­dler-Weibchen hinterlass­en. Es wiegt nur noch sechs Kilogramm, hat 600 Gramm abgenommen. Das liegt nicht nur daran, dass „Hope“keine geübte Jägerin ist. Mit einer Körpertemp­eratur von rund 40 Grad verbrauche­n Greifvögel viel Energie.

Nun sitzt „Hope“wieder auf ihrer Sitzstange in einem Häuschen neben ihrem Partner. Der heißt „Krü- mel“, ist ein wenig kleiner und – wie die Heimkehrer­in – noch nicht geschlecht­sreif. Der dritte Kamtschatk­a-Riesenseea­dler im Bunde heißt „Grobi“. Sein Häuschen steht gleich nebenan bei den Weißkopfse­eadlern und dem Falklandka­rakara.

„Hope“stammt aus einer Nachzucht in Baden-Württember­g. Die Halbinsel Kamtschatk­a (Russland), die ihre Art im Namen trägt, hat sie nie gesehen. Laut Betreuer Raddei ist ein solch außergewöh­nlicher Vogel ohne Ausbildung 8000 bis 12.000 Euro wert.

 ?? FOTO: JUNGHEIM ?? Neun lange Tage war das Riesenseea­dler-Weibchen „Hope“verschwund­en. 600 Gramm hat der Vogel in dieser Zeit an Ge- wicht verloren. Betreuer Ramon Raddei ist froh, dass sein Schützling wieder da ist.
FOTO: JUNGHEIM Neun lange Tage war das Riesenseea­dler-Weibchen „Hope“verschwund­en. 600 Gramm hat der Vogel in dieser Zeit an Ge- wicht verloren. Betreuer Ramon Raddei ist froh, dass sein Schützling wieder da ist.

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