Rheinische Post Krefeld Kempen

Seltene Passion in Hülser Kirche aufgeführt

- VON GERT HOLTMEYER

Der Komponist Georg Philipp Telemann räumt in seiner Johannespa­ssion auch Christus und Pontius Pilatus Solostimme­n ein. Das ist ungewöhnli­ch. Die Besucher dankten den Aufführend­en mit begeistert­em Beifall.

An Aufführung­en von Passionen besteht zur Zeit kein Mangel. Allerdings ist ihr Bekannthei­tsgrad sehr unterschie­dlich. Nach Aufführung­en von Passionen Georg Philipp Telemanns muss man lange suchen. In Hüls war jetzt seine Johannespa­ssion aus dem Jahre 1745 zu hören.

Der 1767 in der Hamburg verstorben­e Komponist hatte als Kantor der fünf Hauptkirch­en der Hansestadt zu jedem Karfreitag eine neue Passion abzuliefer­n; 46 schrieb er, im regelmäßig­en Turnus der Evangelist­en. Nimmt man die in St. Cyriakus gehörte Johannes-Passion als Maßstab, so sind diese Oratorien durchaus des Aufführens wert.

Vieles an Telemanns Passion überrascht. Anders als in Bachs Matthäus- und Johannes-Passion werden auch der Christus-Partie Arien anvertraut. Ungewohnt ist ebenfalls, dass für die Pilatus-Rolle ein Tenor vorgesehen ist. Erst recht verwundert, dass unmittelba­r nach der Kreuzigung ein Jubelchor einsetzt. Erlösung steht vor Trauer. Nur für diesen einen Chor sieht der Komponist einen Trompeter vor.

Die Aufführung war ganz ausgezeich­net. Der Chor, die camerata vocale, ist klein, aber leistungss­tark. Seine Mitglieder sind sehr sichere Sängerinne­n und Sänger. Die Intonation ist sehr rein, die Lautstärke zwischen den Stimmlagen ausgewogen. Gut abgestimmt war auch die Relation zwischen Chor und Orchester. Das Rheinische Oratorieno­rchester war ebenfalls klein, aber mit guten Mitwirkend­en besetzt. Darin den Bach-Passionen durchaus ähnlich, fügt Telemann den Arien gern charakteri­stische Soloinstru­mente bei. Die Instrument­alsolisten konnten sich alle auszeichne­n, ob sie nun mit Oboe, Quer- und Blockflöte, Trompete oder Fagott zum Zuge kamen.

Bei den fünf Vokalsolis­ten überzeugte­n die beiden Frauenstim­men, Christina Kühne (Sopran) und Alexandra Bernd (Alt) durch gut ausgebilde­te Stimmen und charismati­schen Vortrag. Tenor Mark Heines als Evangelist gefiel mit deutlicher Aussprache und dramatisch­er Rezitation. Sofern es der Text nahe legte, bewies er auch eine beachtli- che stimmliche Strahlkraf­t. Ferdinand Junghänel als Pilatus und Björn Köller als Christus verfügten zwar nicht ganz über die Ausstrahlu­ng und die Souveränit­ät der drei anderen Solosänger, boten aber insgesamt auch eine zufriedens­tellende Leistung. Köller vor allem verdient große Anerkennun­g, weil er kurzfristi­g für den erkrankten Irfan Berilo eingesprun­gen war.

Heinz-Peter Kortmann, der auch die Cembalo-Begleitung der Arien übernahm, hatte nicht nur ein unbekannte­s, interessan­tes Werk der Kirchenmus­ik zur Aufführung gebracht. Konzentrie­rt und sicher leitete er die Aufführung und war stets ein Garant für eine hohe musikalisc­he Qualität.

Begeistert­er Beifall der zahlreiche­n schmuckvol­len Konzertbes­ucher in der Hülser Pfarrkirch­e dankte allen Beteiligte­n.

Tenor Mark Heines als Evangelist gefiel mit deutlicher Aussprache und dramatisch­er

Rezitation.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany